| Fachlose als Regelverfahren

Mainzer Dezernenten Marianne Grosse und Christopher Sitte brechen Lanze für mittelstandsfreundliche Vergaben.

"Dann können wir ja eigentlich nach Hause gehen", fasste die Moderatorin Alexandra May die ersten beiden Statements der Mainzer Baudezernentin Marianne Grosse und ihres Kollegen aus dem Wirtschaftsdezernat, Christopher Sitte, am 4. April im Zentrum Baukultur Rheinland-Pfalz in Mainz zusammen. Beide hatten sich zu Vergabeformen bei Bauleistungen bekannt, die die Trennung von Planung und Ausführung ebenso respektieren wie die kleinteilige, mittelstandsfreundliche Ausschreibung der Bauleistungen. 

Genau dies und darüber hinaus einen maßvollen Umgang mit den zu erbringenden Planungsreferenzen, idealerweise die Auslobung von Architekturwettbewerben, wie Gerold Reker, Präsident der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, es zuvor in seiner Begrüßung gefordert hatte. Hintergrund der Einladung zum Diskussionsabend mit dem Titel "Die mittelstandsfreundliche Kommune" waren Systemvergaben für den Bau von Kindertagesstätten. 

Tim von Winning, Baubürgermeister der Stadt Ulm, brachte als Erfahrungsbericht zwei Bauvorhaben in die Diskussion ein. Zwar betonte er, wie ähnlich die Bedingungen in Mainz und Ulm seien, doch zeigte der direkte Vergleich bei genauerem Hinsehen erhebliche Unterschiede: Kitas waren dort zwar funktional ausgeschrieben worden, doch die Losgrößen waren passend zu heimischen Unternehmen gestaltet worden, so dass Unternehmen aus Ulm und dem Umland einsteigen konnten. Auch die vielfach angeführten Preisvorteile konnte man in Ulm nicht nachweisen, im Gegenteil. Die zeitliche Dimension war weniger klar kalkulierbar: Während bei der klassischen Vergabe auch die Planungszeit berücksichtigt wurde, lag im Fall der Funktionalausschreibung die Planung außerhalb des betrachteten Zeitraums. 

Die zweite Gesprächsrunde mit den beiden Vorsitzenden der beiden großen Stadtratsfraktionen Hannsgeorg Schönig und Dr. Eckart Lensch, der Kammer-Vizepräsidentin Edda Kurz und dem stellvertretenden Kreishandwerksmeister Stefan Korus nahm dann, trotz des scherzhaften, frühen Schlusswortes der Moderatorin, doch noch Fahrt auf. Stoff dazu hatte Tim von Winning ausreichend geliefert. Der Präsident der Handwerkskammer Rheinhessen, Hans-Jörg Friese, bezog sich in seinem Schlusswort darauf und nahm gerne das wiederholt vorgetragene Gesprächsangebot der Dezernenten wie der beiden Fraktionsvorsitzenden hinsichtlich der künftigen Gestaltung von Vergabeverfahren an. 

Klar wurde: Es ging den beiden Kammern in der Debatte nicht darum, regionale Anbieter aus Architektenschaft und Bauhandwerk zu bevorteilen, sondern im Gegenteil, strukturelle Nachteile für die kleinteiligen Betriebe und Büros bei öffentlichen Vergabeverfahren zu verhindern. Die Auftragsart, das Volumen und die Komplexität eines Auftrages, so das Fazit, sollten zu den gewählten Markteintrittshürden passen. Denn die regionalen Betriebe halten auch die Wertschöpfung in der Region. Sie auszuschließen, habe langfristig den Abfluss von Wirtschaftskraft, Kompetenz und Innovationskraft zur Folge, so die Kammervertreter.

Einladungskarte (PDF)

Termin

Dienstag, 04. April 2017

Zentrum Baukultur im Brückenturm | Rheinstraße 55 | 55116 Mainz

Veranstalter:

Zentrum Baukultur Rheinland-Pfalz

Kooperationspartner:

Architektenkammer Rheinland-Pfalz, Handwerkskammer Rheinhessen

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