| Umbaukultur, aber sicher! | Gesprächsabend
Umbaukultur – wie es funktionieren kann
Das Thema Ressourcenknappheit kommt näher als es uns lieb ist. Engpässe in den Lieferketten machen deutlich, wie wertvoll die Rohstoffe sind, die beim Bau verwendet werden. Planerinnen, Handwerker und Bauherrschaft sind dringend zum Umdenken gefordert. Umbauen heiße nicht nur sanieren oder eine Wärmedämmung aufzuziehen, umbauen meine das Weiternutzen von all dem, was bereits gebaut wurde, es neu verwenden, neuen Nutzungen zuzuführen und sinnvoll anzupassen. Der Prozess sei schwierig und das Neue meist attraktiver als das Alte. Gebäude würden somit vorschnell als „nicht sanierungsfähig“ oder „marode“ abgeurteilt, auch wenn ein sinnvolles Weiternutzen durchaus möglich wäre, eröffnete Edda Kurz den Gesprächsabend Umbaukultur am 13. Juni 2023. Wenn nun der Neubau zusätzlich noch kostengünstiger kalkuliert ist, wird der Umbau schnell stiefmütterlich behandelt. Doch funktioniert so ein nachhaltiges Ressourcenmanagement? Ganz sicher nicht. Neu sei kein Wert an sich, es müsse umgedacht werden und es sei angebracht, an dieser Stelle von einem Paradigmenwechsel, wenn nicht sogar von einer Zeitenwende zu sprechen, erklärte die Vizepräsidentin der Architektenkammer Rheinland-Pfalz weiter.
Umbau ist das neue „neu“. Die Stadt muss für Menschen gut funktionieren, erst dann wird sie schön! Reiner Nagel, Vorsitzender der Bundesstiftung Baukultur
Reiner Nagel, Vorsitzender der Bundesstiftung Baukultur, stellte anschließend den aktuellen Baukulturbericht „Neue Umbaukultur“ vor. Untermauert von Zahlen und Praxisbeispielen, machte er unmissverständlich klar, dass ein Transformationsprozess in den Städten notwendig ist und worin unser aller Aufgaben der Zukunft liegen: Konversionsflächen nutzen, die Städte grüner und kühler werden lassen, leergefallene Gebäude neu nutzen, autoärmer werden und die Infrastruktur gestalten – um nur einige wenige zu benennen. Architektin Sabine de Fries aus Kaiserslautern stellte anhand dreier Projekte dar, was im Rahmen eines Umbaus möglich ist, aber auch wo die Tücken in der Umsetzung liegen und warum sie nicht immer vorhersehbar sind.
Lassen sich Unwägbarkeiten absichern? Und ist das überhaupt ein sinnfälliges Ziel?
Michael Halstenberg ist Rechtsanwalt und unter anderem tätig im Verbands- und Kooperationsmanagement Bau der VHV Versicherung. Er warf einen Blick auf den Bestand und plädierte dafür, die Chance im Umbau dessen zu erkennen und ihn von den vermeintlichen Problemen zu befreien. Das meint vor allem das starre Klammern an Normen. Es sei ein allgemeiner Irrglaube, dass technische Regelwerke uns Fesseln anlegen. Wir bauen nach Normen, weil wir Angst vor der Haftung haben, erklärte Halstenberg. Diese Angst müsse der Planungs- und Bauwirtschaft dringend wieder genommen werden, denn eine Norm sei lediglich der Vorschlag einer technischen Lösung für einen Standardfall. Man könne es aber auch jederzeit anders machen, dies funktioniere mit Mut und der entsprechenden Unterstützung der Bauherrschaft. Dieser Mut solle sinnvollerweise auch rechtlich gestützt werden und zwar durch einfache Regeln, einfaches Bauen, weniger Material- und Energieverbrauch. Planerinnen und Planern solle Luft gelassen werden hinsichtlich der Anforderungen an die Bestandsgebäude, sodass die Möglichkeit bestehe ein Gebäude von 1960 auf den Standard des Jahres 2000 zu bringen, statt es abzureißen, weil es nicht dem heutigen Standard entspricht. Hierfür brauche es eine Überarbeitung der Regelungen zum Bestandsschutz und Bauordnungsrecht, so das Fazit Halstenbergs.
Es gibt also viele zukunftsfähige Ideen und Ansätze, doch wesentlich ist: Der Transformationsprozess muss Geschwindigkeit aufnehmen, sonst bleibt die Umsetzung der Klimaziele nur ein frommer Wunsch.
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Begrüßung
Edda Kurz, Architektin, Vizepräsidentin der Architektenkammer Rheinland-Pfalz
Vorträge
Reiner Nagel, Architekt und Stadtplaner, Vorstandsvorsitzender Bundesstiftung Baukultur, Potsdam
Baukulturbericht „Neue Umbaukultur“
Michael Halstenberg, Rechtsanwalt, VHV Verbands- und Kooperationsmanagement Bau
"Rechtliche Rahmenbedingungen für einen Umbau"
Sabine de Fries, Architektin, De Fries Architekturbüro, Kaiserslautern
"Die Tücke im Detail"
Im Gespräch
Edda Kurz, Reiner Nagel, Michael Halstenberg, Sabine de Fries
Moderation
Kristina Oldenburg, Stadtplanerin und Mediatorin
Termin
Dienstag, 13. Juni 2023 | 18.30 Uhr
Zentrum Baukultur im Brückenturm | Rheinstraße 55 | 55116 Mainz
Veranstalter:Zentrum Baukultur Rheinland-Pfalz
Kooperationspartner:VHV Versicherungen AG
ZurückKontakt und Öffnungszeiten
Besucheradresse
Im Brückenturm | Rheinstraße 55
55116 Mainz
Telefon 06131 / 3 27 42-10 |-13
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