| Wohnungspolitischer Talk: Es muss mehr getan werden

Vorfahrt für den Wohnungsbau: Beim Wohnungspolitischer Talk zur Bundestagswahl 2017 diskutierten die Mainzer Bundestagskandidaten am 23. August über ihre wohnungspolitischen Ideen und Vorschläge – im Mittelpunkt stand dabei der bezahlbare Wohnungsbau.

Kammerpräsident Gerold Reker begrüßte am Abend, Dr. Christian Lieberknecht, Geschäftsführer des Bundesverband Deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen stimmte die Diskussionsrunde zunächst mit einem Impulsvortrag ein und nannte dabei auch konkrete Zahlen und Fakten. So habe es im ersten Halbjahr 2017 einen Bedarf von 400.000 neuen Wohnungen gegeben dem aber nur 170.000 Baugenehmigungen gegenübergestanden hätten. Als einen möglichen Grund für diese Diskrepanz nannte er unter anderem auch die personelle Besetzung der Planungsämter – hier seien in den vergangenen Jahren massiv Personal abgebaut worden. Er führte zudem die zahlreichen Verschärfung der Bauvorschriften, unter anderem der Energieeinsparverordnung EnEV, als einen verantwortlichen Faktor für die insgesamt gestiegenen Baukosten ins Feld.

In der anschließenden Diskussion waren dann auch die "entscheidenden Stellschrauben für die Senkung der Baukosten" ein zentrales Thema. Den Fragen dazu stellten sich Ursula Groden-Kranich (CDU), Dr. Carsten Kühl (SPD), Martin Malcherek (Die LINKE) und Tabea Rößner (Bündnis 90/Die Grünen), David Dietz von der FDP hatte kurzfristig absagen müssen.

Einig war sich die Runde darin, dass es mehr bezahlbaren Wohnungsbau für untere und mittlere Einkommen geben müsse – über das wie herrschten dabei jedoch durchaus auch unterschiedliche Meinungen. Bei der Senkung der Baukosten sahen alle vier Kandidaten erhebliches Potential im seriellen und modularen Bauen. Bei der Frage zum möglichen Abbau von Normen und Standards wollte jedoch keiner der Diskutanten konkrete Vorschläge machen, da diese doch häufig erwünschte gesellschaftliche Zielsetzungen transportierten.

Dr. Carsten Kühl (SPD) plädierte allerdings deutlich dafür, die 16 Landesbauordnungen im Sinne der existierenden Musterbauordnung zu vereinheitlichen, um so durch die Angleichung den bürokratischen Aufwand für die Einreichung von Bauanträgen in unterschiedlichen Ländern für auch beispielsweise modulares und serielles Bauen zu verringern. Gleichzeitig erinnerte Kühl hinsichtlich des seriellen Bauens jedoch auch daran: "Dies ist vom Kostenpunkt her attraktiv, wir müssen aber auch Architekturqualität und Baukultur im Blick behalten." Tabea Rößner von Bündnis 90/Die Grünen äußerte sich, geprägt auch aus eigenen Bauerfahrungen, kritisch gegenüber weiteren Verschärfungen der EnEV, plädierte für weniger Stellplatzverpflichtungen in den Innenstädten und verwies auch auf die gestiegenen Ausstattungsstandards von Wohnungen, wie Echtholz-Parkett, Fußboden-Heizung oder bodentiefe Fenster, die ihrer Ansicht nach ein hohes Kosteneinsparpotenzial bieten. Auch Ursula Groden-Kranich (CDU) argumentierte in diese Richtung und mahnte an, zu überlegen: "Was brauchen wir wirklich, wo können wir Abstriche machen." Martin Malcherek von der Partei die Linke führte den seiner Meinung nach existierenden Einfluss von Lobbyisten auf die Verschärfung der Normen ins Feld, den es seiner Ansicht nach zu verhindern gelte. Auch sei die zunehmende Quadratmeterzahl an Wohnungsfläche pro Kopf ein Kostenfaktor, den die Menschen selbst beeinflussen könnten. Dr. Christian Lieberknecht wies darauf hin, dass es beim seriellen und modularen Bauen jedoch nicht auf die Verringerung der Qualität hinauslaufen dürfe und bei diesem Thema nicht nur die Politiker sondern auch die Wohnungsunternehmen in der Pflicht seien. Als positives Beispiel für gelungenen kostengünstigen und qualitativ hochwertigen Wohnungsbau führte Roswitha Sinz das Quartier Am Cavalier Holstein der Mainzer Wohnbau an.

Eine weitere zentrale Frage an die Runde war die, wie der Mangel an verfügbaren und bezahlbaren Grundstücke vermindert werden könne. Einig waren sich alle Kandidaten darin, dass die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben BiMA mehr und besser Gebrauch machen solle von der sogenannten Verbilligungsrichtlinie, mit der Grundstücke zum Zwecke des sozialen Wohnungsbaus günstiger angeboten werden können. Zur Sprache kamen auch kommunale Instrumente wie die Sozialwohnungsquote mit Konzeptvergabe oder der Vorstoß von Oberbürgermeister Ebling aus Mainz zur Sprache, der laut Medienberichten die Umlandkommunen von Mainz zu mehr Urbanität und somit zur mehr Ausweisung von Flächen für den mehrgeschossigen Mietwohnungsbau auffordert.

Die Frage, ob der Bund auch nach 2019 in der Mitverantwortung für den Wohnungsbau verbleiben solle, befürworteten die Kandidaten von Bündnis 90/Die Grünen und die Linke klar. Dr. Carsten Kühl verwies auf die verfassungsrechtliche Dimension des Vorschlages sowie auf die künftige höhere Beteiligung der Länder an der Umsatzsteuer und warb diesbezügliches für Vertrauen in die Landesregierung. Ursula Groden-Kranich war hier der Meinung, man dürfe den Bund nicht alles alleine machen lassen und sah die Verantwortung eher beim Land und den Kommunen.

Gegen Ende brachte Carsten Kühl zum ebenfalls angesprochen Thema der gleichwertigen Lebensverhältnisse im Land einen neuen interessanten Vorschlag ein: Hierfür müsse das Aufgabenspektrum der Wohnraumförderung mit dem der Städtebauförderung und den existierenden vielen Teilprogramme gezielt verbunden werden. Dies sei eine neue Gemeinschaftsaufgabe von Bund und Ländern, die gezielt weiter verfolgt werden müsse.

Einladungskarte

Termin

Mittwoch, 23. August 2017

Zentrum Baukultur im Brückenturm | Rheinstraße 55 | 55116 Mainz

Veranstalter:

Zentrum Baukultur Rheinland-Pfalz

Kooperationspartner:

VdW Rheinland Westfalen

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