Ausstellungseröffnung | Schauen Sie mal!

Eine Ausstellung im Brückenturm zeigt Innenarchitektur aus Rheinland-Pfalz

"Noch nie haben Menschen so viel Zeit in Innenräumen verbracht, da sollte die Gestaltung des direkten Umfeldes nicht zum Einsparpotential zählen", sagte die Frankfurter Innenarchitektin Susanne Leson im Rahmen der Ausstellungseröffnung "Schauen Sie mal!" am 13. September im Zentrum Baukultur und zitierte damit Eva Holdenried, Innenarchitekten, Vorstandsmitglied der Kammer und nicht zuletzt Initiatorin der Ausstellung. In ihrem Impulsvortrag "Innenarchitektur als Gesamtpaket" skizzierte Leson das breite Tätigkeitsfeld der Innenarchitekten und konstatierte: "Wir sind keine Kissenknicker. TV-Shows wie 'Tine Wittler' oder 'Zuhause im Glück' vermitteln ein falsches Bild unseres Berufsstands." Bei aller Liebe zu Form, Farbe und Material, gehe es in der Innenarchitektur um mehr als nur Oberflächen. Schließlich tragen Innenarchitekten die Architektur in ihrem Titel. Es gehe darum, Wohlfühlräume zu schaffen – mit allen dafür notwendigen baulichen Eingriffen – vom Beleuchtungskonzept, über Akustik und Raumklima bis hin zum Brandschutz. "Umbau, Modernisierung, Revitalisierung, Anbau – wir machen eigentlich alles außer Neubau. Und auch da sind wir gefragt. Denn gerade die Zusammenarbeit mit den Kollegen vom Hochbau führt zu Gebäuden aus einem Guss", so Leson.

Leson, die seit über zwanzig Jahren zusammen mit ihrem Mann ein Innenarchitekturbüro in Frankfurt am Main führt und sich auf die Konzeption und Gestaltung moderner Büroräume spezialisiert hat, betonte: "Vielen ist nicht bewusst, welche Auswirkungen die Innenarchitektur – auch auf unser Wohlbefinden – hat. Anstelle von open-space-Büros mit grauem Boden und grellen LED-Leuchten, rate ich meinen Kunden zu Wohlfühl-Büros. Besonderes Augenmerk ist dabei auf die Akustik zu legen. Denn eine zu starke Geräuschkulisse macht bekanntlich krank." Ihr Tipp: Akustik-Konzepte sollten in jedem Fall vorhanden sein, bestenfalls jedoch nicht sichtbar oder sie sollen sich zumindest charmant in den Raum einfügen. Wer sich am Arbeitsplatz wohlfühle, könne nicht nur bessere Leistung erbringen, sondern halte sich auch länger dort auf. "Ein klarer Vorteil für Arbeitgeber. Dennoch wird der Mehrwert, den das Bauen mit uns Innenarchitekten bringt, noch allzu oft verkannt", so Leson. Viele der in Frankfurt niedergelassenen Unternehmen aus den USA, Frankreich und England hingegen würden bereits eng mit Innenarchitekten bei der Gestaltung ihrer Büroräume zusammenarbeiten.

Neben der Arbeitsmotivierung könne mit einer bewussten Innenraumgestaltung auch die Corporate Identity eines Unternehmens optimiert werden. Besonders gut gelungen sei dies Google: Analog zum Internettauftritt sei die Firmenzentrale in Kalifornien flott, bunt und jung. Darüber hinaus könne Innenarchitektur auch gezielt eingesetzt werden, um die Orientierung in Gebäuden zu erleichtern: Etwa in Altenheimen, am Frankfurter Flughafen oder auch in Geschäften, wo Kunden durch geschickte Platzierung subtil an Produkten vorbei geleitet werden (Verkaufsoptimierung). "Es freut mich ganz besonders", sagte Leson abschließend, "dass alle ausgestellten Arbeiten den ganzen Raum berücksichtigen. Jedes Projekt ist einzigartig und orientiert sich ausschließlich an den Wünschen und Bedürfnissen des Auftraggebers und der Nutzer."

Im Anschluss an den Impuls gab es eine Gesprächsrunde, der neben Leson die Innenarchitektinnen Simone Bücksteeg, die den Wettbewerb als Jurymitglied vorstellte sowie Vorstandsmitglied Eva Holdenried angehörten. Als Initiatorin der Ausstellung freute sich Holdenried besonders über die große Teilnahme am Wettbewerb – 40 Arbeiten waren eingereicht worden, 25 davon waren ausgewählt worden – sowie die Qualität und Bandbreite der Arbeiten. "Präsentiert werden Projekte jeder Größenordnung – von internationalen Messeständen über klassische Aufgaben wie Büro- und Praxisgestaltungen bis hin zum kleinteiligen privaten Dachausbau. Sie zeigen eindrücklich das Leistungsspektrum der Innenarchitekten in Rheinland-Pfalz." Ihr besonderer Dank galt Peter Kneip, Sascha Kemmerling und Ingmar Schilz, die maßgeblich für die Ausstellungskonzeption verantwortlich sind.

Auch die Gesprächsrunde stellte den Mehrwert der Arbeit von Innenarchitekten in den Fokus. "Innenarchitekten sind Spezialisten für den Innenraum. Ihnen gelingt es, selbst Verwaltungsgebäuden Atmosphäre zu verleihen. Viele große Architekturbüros haben den Mehrwert erkannt und beschäftigen bereits Innenarchitekten", sagte Bücksteeg. Auch Leson sah in der Symbiose von Architekten und Innenarchitekten einen Kompetenzgewinn für den Bauherrn: "Architekten und Innenarchitekten ergänzen sich super; zumal es in der Praxis eine klare Rollen- und Kompetenzverteilung gibt." Zugleich warb sie für eine aktivere Öffentlichkeitsarbeit, um das Leistungsbild der Innenarchitekten noch bekannter zu machen. Als Lehrbeauftragte an der Hochschule Mainz hob sie zudem die Bedeutung des Praxisbezugs in der Ausbildung hervor und plädierte für ein duales Studium. "Innenarchitekt", fügte Bücksteeg ergänzend hinzu, "ist eine geschützte Berufsbezeichnung, wobei die Eintragung in die Kammer erst nach Praxiserfahrung erfolgt und zur kontinuierlichen Weiterbildung verpflichtet."

Wie vielfältig die Gestaltungsaufgaben sind, die Innenarchitekten gestellt werden, davon konnten sich die zahlreichen Besucher beim Rundgang durch die Ausstellung dann selbst ein Bild machen.

Hintergrund

Die Architektenkammer Rheinland-Pfalz hatte ihre Mitglieder aufgefordert, Projekte der vergangenen fünf Jahre (Fertigstellung nach dem 1. Januar 2013) einzureichen. Aus den eingereichten Arbeiten wählte ein unabhängiges Auswahlgremium 25 aus; pro Büro waren maximal drei Einreichungen zugelassen. Die Ausstellung, die in Workshops gemeinsam mit den Innenarchitekten konzipiert wurde, geht ab Oktober auf Wanderschaft durch Rheinland-Pfalz.

Termin

Donnerstag, 13. September 2018

Zentrum Baukultur im Brückenturm | Rheinstraße 55 | 55116 Mainz

Veranstalter:

Zentrum Baukultur Rheinland-Pfalz

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