Ausstellung | "Wettbewerbe sind ein unmittelbarer Weg zur Qualitätssteigerung."

Ausstellung und Gespräch zum Thema "Staatsbau – Chancen durch Qualität"

"Gute Architektur kann Orte beleben und Lebensqualität verbessern. Wenn kompetente Architektinnen und Architekten sich mit ihrem Wissen und ihrer Sensibilität eines Ortes annehmen, bekommt dieser die Chance auf eine neue Qualität", sagte Staatssekretär Dr. Stephan Weinberg bei der Ausstellungsröffnung "Staatsbau – Chancen durch Qualität" am 5. Dezember, die zahlreiche Gäste in den Brückenturm Mainz lockte.

In seinem Grußwort zitierte Kammerpräsident Gerold Reker aus der viel diskutierten Rede des SPD-Politikers Adolf Arndt zur Eröffnung der Berliner Bauwochen im Jahr 1960: "Eine Demokratie ist nur so viel wert, wie sich ihre Menschen wert sind, dass ihnen ihr öffentliches Bauen wert ist." Verknüpft mit der Kritik des Juristen – Arndt sah in den damaligen Neubauten der öffentlichen Hand eine "Unfruchtbarkeit im Bauen" – war die Forderung nach mehr Transparenz. "Sollte es nicht einen Zusammenhang geben zwischen dem Öffentlichkeitsprinzip der Demokratie und einer äußeren wie inneren Durchsichtigkeit und Zugänglichkeit ihrer öffentlichen Bauwerke?", fragte Arndt und verhalf damit einer Idee zum Durchbruch, die in der Architektur der Nachkriegszeit eine dominante Rolle spielen sollte: der gebaute, transparente Raum als Bedeutungsträger demokratischer Werte. Was folgten waren Gebäude mit weitflächigen, durchsichtigen Glasfassaden in eleganten Stahlstützenkonstruktionen, eben jene modernen Gebäude, wie sie heute im öffentlichen Raum zu finden sind. "Viele Gebäude, die wir heute kennen, würde es ohne Arndt vermutlich nicht geben. Er hat die zeitgenössische Architektur maßgeblich geprägt", so Reker.

Die Aufgaben im Staatsbau beschränken sich jedoch keineswegs auf Neubauten. Auch Bauten im Bestand gehören dazu. Hier wie dort befinden letztlich die Nutzer über die Qualität der Architektur. Gute Architektur wird nicht nur akzeptiert, die Nutzer können sich auch mich dem jeweiligen Gebäude identifizieren. "Ich freue mich ganz besonders, dass wir uns heute dem Thema Staatsbau sowohl aus der Sicht des Bauherrn als auch aus der Perspektive der Nutzer nähern," sagte die Hauptgeschäftsführerin Dr. Elena Wiezorek, die die Veranstaltung moderierte.

Den Anfang machte der Vortrag "Chancen durch Qualität: Arbeiten im Staatsbau" von Holger Basten. Der Geschäftsführer des Landesbetriebs Liegenschafts- und Baubetreuung (LBB) berichtete über die abwechslungsreiche Arbeit in der Staatsbauverwaltung. "Wir betreuen Immobilien über ihren gesamten Lebenszyklus – vom Erwerb, Kauf oder Bau bis hin zur Liegenschaft und Bauverwaltung. Dabei können wir auf die Expertise eines fachlich breit aufgestellten Teams setzen. Übrigens: 63,5 Prozent unserer Mitarbeiter in den landesweit acht Niederlassungen sind Ingenieure und Architekten." Der Löwenanteil des LBB entfalle mit 60 bis 70 Prozent auf den Bundesbau. Aber auch im Landesbau sei der LBB sehr aktiv, so Basten weiter. Um die Bandbreite der Bauaufgaben zu demonstrieren, nannte er unterschiedlichste Projekte wie den Neubau des Laborgebäudes für Advanced Spin Engineering in Kaiserslautern, das kurfürstliche Palais in Trier oder die Burgruine Hardenberg in Bad Dürkheim – alles Wettbewerbsentscheidungen. "Wettbewerbe sind ein wichtiges Instrument zur Förderung der Baukultur, die wir gerne unterstützen", betonte Basten abschließend. 

Im Anschluss sprach Staatssekretär Dr. Weinberg, der Basten für die gute und intensive Zusammenarbeit dankte, über die Rahmenbedingungen für Qualität im Bauwesen. Gerade in der Anfangsphase eines Projektes müssten Bauherren und Verwaltung ergebnisoffen unterschiedliche Varianten prüfen – nicht jedoch ohne die Kosten im Blick zu behalten. Erst dann könne die Planungsaufgabe beschrieben werden. "Der Architektenwettbewerb bietet dann eine besonders gute Möglichkeit der Variantenprüfung", so Weinberg und fügte hinzu: "Entgegen der landläufigen Meinung, der Staatsbau werde immer teurer, können wir keine nennenswerte Kostensteigerung feststellen."

Chancen, aber auch Risiken von Wettbewerben beleuchtete Sabine Groß, Referentin für Landesbau im Finanzministerium, die exemplarisch zwei aktuelle Wettbewerbsentscheidungen vorstellte: den Neubau des Polizeipräsidiums in Ludwigshafen und die Entwicklung der Ruine Burg Schwalbach. "In beiden Jurysitzungen haben wir die eingereichten Arbeiten auf Herz und Nieren geprüft", sagte Groß. Die Burganlage aus dem 14. Jahrhundert stand seit Beginn des 18. Jahrhunderts weitestgehend leer und soll nun als touristischer Anziehungspunkt mit Gastronomie revitalisiert werden. Besonders gut gelungen sei dies dem Siegerentwurf von Heinrich Lessing Architekten und Bierbaum.Aichele.Landschaftsarchitekten aus Mainz mit seinen zurückhaltenden Eingriffen in die historische Bausubstanz, hatte das Preisgericht in seiner Beurteilung gelobt.

Anspruchsvoll war auch die Wettbewerbsaufgabe für den Neubau des Polizeipräsidiums Rheinpfalz in Ludwigshafen: Auf dem zentral gelegenen, rund 9.100 Quadratmeter großen Gelände sollen künftig 450 Arbeitsplätze untergebracht werden. Dem Siegerentwurf von Prof. Tobias Wulf aus Stuttgart sei es gelungen, einen adäquaten Abschluss der ehemaligen gründerzeitlichen Kernstadt zu schaffen, zitierte Groß aus dem Juryurteil. "Wettbewerbe eignen sich hervorragend, um Potenziale und Möglichkeiten herauszuarbeiten," so ihr Fazit. Denn nicht die erstbeste, sondern die beste Lösung für eine Bauaufgabe solle gefunden werden.

Im Anschluss diskutierte Dr. Weinberg mit dem LBB-Geschäftsführer Holger Basten und den Nutzern, dem stellvertretenden Präsidenten des Polizeipräsidiums Rheinpfalz Eberhard Weber und dem Generaldirektor Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz Thomas Metz, über die Menschen, die sich der Entwurfsaufgabe Staatsbau stellen und ihre Methoden. Weber, der erstmalig ein Wettbewerbsverfahren begleitet hatte, zeigte sich begeistert von der Vielzahl und der Qualität der eingereichten Arbeiten zum Neubau des Polizeipräsidiums: "Dank des Wettbewerbs haben wir ein tolles Ergebnis!". Und auch Metz konstatierte: "Ein Wettbewerb kann das beste Ergebnis hervorbringen!" Zudem könne das Preisgericht in seiner Empfehlung noch Verbesserungsvorschläge formulieren. Einig waren sich die Podiumsteilnehmer auch in diesem Punkt: Bauen ist ein partizipativer Prozess, in den die Bürger frühzeitig eingebunden werden müssen.

Studierende und Absolventen nutzten anschließend ausgiebig die Gelegenheit, mit Vertretern des Finanzministeriums und des LBB über Karrierechancen im Bereich des öffentlichen Bauens zu sprechen, aber auch zu anderen Formen der Zusammenarbeit wie Werkstudentenverträge und die Begleitung von Bachelor- oder Masterarbeiten.

Die Ausstellung ist noch bis zum 21. Dezember 2018 im Brückenturm Mainz zu sehen.

Einladungskarte (PDF)

Termin

Mittwoch, 05. Dezember 2018

Zentrum Baukultur im Brückenturm | Rheinstraße 55 | 55116 Mainz

Veranstalter:

Zentrum Baukultur Rheinland-Pfalz

Kooperationspartner:

Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz

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