| Wohnkultur in Rheinland-Pfalz

Ausstellung zum Staatspreis 2018 für Architektur und Wohnungsbau im ZB

Wie wollen wir in Zukunft wohnen? In der Stadt oder auf dem Land? Zentral gelegen oder vielleicht mit Blick ins Grüne? Gibt es überhaupt "die" Lösung für den zukünftigen Wohnungsbau, in dem wir alle wohnen wollen? Oder liegt nicht gerade in der Differenziertheit der Reiz? Der Staatspreis 2018 für Architektur und Wohnungsbau "Wohnkultur in Rheinland-Pfalz" vermittelt einen guten Eindruck von der Vielfalt des Bauens und der Wohnkultur in Rheinland-Pfalz. Die prämierten Projekte wurden nun im Rahmen der Ausstellungseröffnung am 16. August 2018 im Zentrum Baukultur vorgestellt.

Die Kunst, Raum zu artikulieren
Erstmals nahm der Staatspreis auch die Innenarchitektur in den Blick, sodass alle in der Kammer vertretenen Fachrichtungen – von der Stadtplanung bis zur Landschafts- und Innenarchitektur und natürlich dem Hochbau – in die Bewertung des Staatspreises einflossen, wie der Präsident der Architektenkammer Rheinland-Pfalz Gerold Reker in seinem Grußwort betonte. Der Architekturbegriff, so Recker weiter, sei per sé dehnbar. Dass auch die Freiräume und das Wohnumfeld zählen, habe sich in den vergangenen Jahren bereits durchgesetzt. Nun sei auch die Gestaltung von Raumfolgen berücksichtigt worden. Denn um es mit den Worten des wohl bekanntesten zeitgenössischen Semiotikers Umerto Eco zu sagen, ist die Kunst der Architektur, den Raum zu artikulieren. "Die interdisziplinär besetzte Jury hat es sich nicht leicht gemacht, aus der Vielzahl der guten Beiträge die besten auszuwählen", versicherte Reker, der der Jury angehört hatte. So habe man sich bei Vor-Ort-Besuchen auch einen Eindruck der städtebaulichen Einfügung des jeweiligen Bauwerks verschafft. "Die Ausstellung geht demnächst auf Wanderschaft durch Rheinland-Pfalz, denn Nachahmen ist erwünscht", sagte Reker.

Die rheinland-pfälzische Finanz- und Bauministerin Doris Ahnen, die den Wettbewerb aus Auslobersicht erläuterte, lobte das hohe Niveau der eingereichten Arbeiten. Sie nannte Gestaltung, architektonische Qualität, wie flexible Raumkonzepte,  Generationentauglichkeit und Einbindung in das Quartier und in das soziale Umfeld, aber auch Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit als zentrale Bewertungskriterien. "Alles, was entsteht, wird Jahrzehnte oder sogar Jahrhunderte Bestandteil der gebauten Umwelt sein. Daher spielt eine wichtige Rolle, wie gebaut wird – Qualität und Nachhaltigkeit werden zu entscheidenden Faktoren", so Ahnen. Die Gesichter von Dörfern, Städten und Landschaften seien darüber hinaus entscheidend dafür, wo Menschen leben, wohnen und arbeiten möchten. "Ich freue mich, dass Sie so zahlreich erschienen sind und wir mit der Ausstellung zum Staatspreis 2018 nun herausragende Beispiele und Vorbilder für zukünftige Bauprojekte zeigen können", sagte die Ministerin. Die prämierten Projekte, die eindrucksvoll die Bandbreite beispielgebender Lösungen im Wohnungsbau veranschaulichen, werden wertvolle Impulse für die Bau- und Wohnkultur in Rheinland-Pfalz geben, war sich Ahnen sicher.

"Der Staatspreis richtet sich an Architekten und Bauherren gleichermaßen. Denn gute Architektur kann nur im Miteinander, gegenseitigen Verständnis und Vertrauen gelingen", ergänzte Edda Kurz vom wettbewerbsbetreuenden Büro Kurz Architekten GbR in Mainz, die durch den Abend führte.

Die acht prämierten Arbeiten, darunter insbesondere die beiden gleichrangigen Staatspreise, wurden anschließend vorgestellt. Den Anfang machte das preisgekrönte, inklusive Wohnprojekt "Am Cavalier Holstein". Barrierefrei, bezahlbar, gemeinschaftlich – mit dem integrativen Ansatz "Zu Hause in Mainz – miteinander sorgenfrei leben" greift die Wohnbau Mainz zukunftsweisende Themen auf und löst sie vorbildlich: Das Projekt umfasst sechs barrierefreie Gebäude mit insgesamt 96 Wohnungen unterschiedlicher Größe, von denen mehr als die Hälfte öffentlich gefördert wurde. Herzstück des Quartierslebens ist das Nachbarschaftscafé, in dem Spielenachmittage, Sonntagscafé, Nähkurse etc. stattfinden. Ein Pflegedienst unterstützt das selbstbestimmte Leben von älteren und beeinträchtigten Bewohnern.

Das ebenfalls mit einem Staatspreis bedachte "Wohnhaus mit Büro und Tiefgarage" der H. Gies Architekten GmbH in Mainz steht für eine beispielgebende städtebauliche Nachverdichtung. "Die einfache und flexible Grundstruktur des Gebäudes ermöglicht vielfältige Wohn- und Arbeitsformen und bietet viel Spielraum für künftige Nutzungsformen – von der Zwei-Zimmer-Wohnung für den Single-Haushalt mit 82 Quadratmetern bis zur Vier-Zimmer-Wohnung mit 105 Quadratmetern für eine Familie", führte Architekt Prof. Heribert Gies aus. Wenige, hochwertige Materialien kamen zum Einsatz wie verputztes Mauerwerk, Eichenholz und Glas, die den Charakter des Gebäudes innen wie außen prägen. Besonders markant – das in enger Abstimmung mit dem Denkmalschutz gewählte Dunkelgrün für die Außenfassade, komplementär zum roten Klinker des benachbarten Einzeldenkmals.

Zwei der vier Anerkennungen gingen an die Architekten Stein Hemmes Wirtz aus Frankfurt am Main: Welches Potenzial profane Wirtschaftsgebäude für eine Nachverdichtung und Revitalisierung von Ortskernen im ländlichen Raum haben können, zeigt der Umbau einer "Scheune in Minden" in ein Wohnatelier. Bei dem von Schreinermeister Alfred Wirtz aus Railingen vorgestellten Projekt wurde mithilfe kleiner, gezielter Eingriffen eine neue, zeitgemäße Nutzung erzielt. Ein eingestelltes Raumelement aus Eichenholz etwa bildet eine obere Ebene als Galerie aus, die für diverse kulturelle Veranstaltungen genutzt wird.

Das ebenfalls von Stein Hemmes Wirtz für die BASF entworfene "Wohnhaus Hüttenmüllerstraße in Ludwigshafen" zeigt sich als sensible Nachverdichtung im Herzen der Hohenzollern-Höfe. Der langgestreckte, dreigeschossige Neubau mit 28 Wohneinheiten schreibt den denkmalgeschützten Siedlungsbau der 1920er Jahre auf moderne Weise fort und zeigt, dass Wohnqualität nicht allein von der Quadratmeterzahl abhängt. Die Zwei- bis Drei-Zimmer-Wohnungen sind in ihrem Grundriss kompakt und können durch große Schiebetüren variabel gestaltet werden; die Dachgeschosswohnungen zeichnen sich durch eine großzügige, loftartige Organisation aus. 

Geht nicht? Gibt’s nicht!
Wohnen auf drei Metern Raumbreite? Dass dies nicht nur möglich, sondern auch architektonisch besonders ansprechend sein kann, beweist "Ein kleines Haus in Kaiserslautern-Hohenecken" vom Kasseler Architekturstudio Scheder. In dem bescheiden und zugleich ausdrucksstarken Baukörper am Hang sind auf 56 Quadratmetern verschiedene, individuelle Lebensformen realisierbar. "Eine mutige und zugleich zukunftsweisende Antwort auf die Frage, wie Ein- oder Zweipersonenhaushalte auch im ländlichen Umfeld aussehen können", so Edda Kurz, die das Projekt vorstellte.

Darüber hinaus konnten am Abend bestaunt werden: Das Bauwerk "Ein neuer Typ im alten Ort in Niederweis" (Rainer Roth Architekt, Meckel) sowie das mit "Engere Wahl" ausgezeichnete "Postareal `Am Spittel´in Bitburg" (WW+ GmbH, Trier) und das "Wohnhaus Heuser in Hördt" (mack-architekten, Lingenfeld), ein als Ensemble konzipiertes Einfamilienhaus, das variables Wohnen in bis zu drei Einheiten bietet.

Hintergrund
Der Staatspreis für Architektur und Wohnungsbau leistet einen wichtigen Beitrag zur Baukultur in Rheinland-Pfalz. Er wird im fünfjährigen Turnus seitens des Landes Rheinland-Pfalz, vertreten durch das Ministerium der Finanzen, und in Kooperation mit der Architektenkammer ausgelobt.
2018 vergab die Jury unter Vorsitz von Architektin Susanne Wartzeck zwei Staatspreise und vier Anerkennungen und zwei Mal Engere Wahl. Insgesamt wurden Preise und Anerkennungen in Höhe von 25.000 Euro vergeben, die jeweils zur Hälfte an die Bauherren und die Architekten für ihr gemeinsames Werk gingen.

Einladungskarte (PDF)

Die Dokumentation zum Staatspreis 2018 für Architektur und Wohnungsbau "Wohnkultur in Rheinland-Pfalz" finden Sie hier.

Die Dokumentation zum Staatspreis 2018 können Sie als Broschüre mit der Bestellkarte anfordern.

Termin

Donnerstag, 16. August 2018

Zentrum Baukultur im Brückenturm | Rheinstraße 55 | 55116 Mainz

Veranstalter:

Zentrum Baukultur Rheinland-Pfalz

Kooperationspartner:

Ministerium für Finanzen Rheinland-Pfalz

Zurück