| Gesprächsabend | Klima und Biodiversität

Grüne Chancen für die Innenstadt

Gewusst wie! Beim LBS-Gesprächsabend am 4. November im Zentrum Baukultur wurden vielfältige Möglichkeiten aufgezeigt, seinen ganz persönlichen Beitrag in Sachen Klima- und Artenschutz zu leisten.  Nach der Begrüßung durch Kammerpräsident Gerold Reker, stellte Prof. Dr. Nicole Pfoser, Architektin, Landschaftsarchitektin und Professorin für Objektplanung an der HfWU Nürtingen-Geislingen, Forschungsergebnisse und Handlungsoptionen vor.

Zu Beginn sprach sie über den Status Quo unserer Städte. Sie führte hierbei, neben dem Mangel an städtischem Grün, den fehlenden Regenwasserrückhalt, die fehlende Kühlung durch Verschattung und Verdunstung, aber auch Faktoren wie eine schlechte Luftqualität und die schallharte Gestaltung von Oberflächen auf. All dies führe nicht nur zur Überhitzung der Innenstädte, sondern auch zu einer verminderten Aufenthalts- und Umgebungsqualität.

„Unsere Gebäude verursachen 40% des gesamten Energieverbrauchs, das sollte uns zu denken geben“, Prof. Dr. Pfoser.

Ein wichtiger Baustein in Sachen Verbesserung der Ökobilanz ist die Schaffung extensiver Dach- oder Fassadenbegrünung, dies sind naturnah gestaltete Grünflächen, die sich weitestgehend selbst erhalten und folglich leicht zu unterhalten sind. Es gibt Direktbegrünungen, die Mooswachstum möglich machen, aber auch industriell vorkultivierte Moos- oder Sedummatten aus Gärtnereien, die auf Dächern ausgerollt werden – mit Hilfe dieser Maßnahmen könnten fast 75% unserer Feinstäube verstoffwechselt werden. Die Optionen sind zahlreich, von Boden- und Wandgebundener Begrünung über Misch- und Sonderformen, bis hin zu modularen Begrünung und vertikalen Gärten ist vieles möglich.

Als gelungenes Beispiel stellt Pfoser die intensive Dachbegrünung „Wagnis“, Ackermannbogen in München vor. Man findet lauschige Ecken, Bewohner bauen Obst und Gemüse an, hier fliegen Wildbienen und man genießt Vogelgezwitscher – mitten in der Innenstadt.

Neben einer guten Ökobilanz ist es aus anderen Gründen enorm wichtig eine Überhitzung unserer Städte zu vermeiden. 2003 sind in Europa über 70.000 Menschen an den Folgen von Hitze gestorben. Der Faktor Gesundheit ist noch immer ein Nischenthema und leider selten Teil der Diskussion um grünere Infrastrukturen in der Stadt. Sollte er aber, denn Intensivbegrünungen sind nicht nur das Mittel der Wahl, um die Artenvielfalt zu erhalten und die CO2-Bilanz zu verbessern, sondern auch um die Temperaturen in der Stadt zu senken und somit auch zukünftig eine hohe und gesunde Lebensqualität in den Städten zu gewährleisten.

Klaus-Dieter Aichele von BIERBAUM.AICHELE.landschaftsarchitekten aus Mainz ging anschließend auf die nachhaltige Freiraumgestaltung im privaten und öffentlichen Umfeld ein. Er gab Praxisbeispiele von pflegeleichten Hausgärten, Selbstversorgergärten am Stadtrand und naturnahen Wildgärten und erläuterte, dass der Verzicht von Herbiziden und Fungiziden sowie die Verwendung von Baumaterialien mit positiver Ökobilanz, also niedrigem Stoff- und Energieverbrauch, die Belastung von Boden, Wasser und Luft schon deutlich minimieren kann. Regionale Baustoffe sind  beim Anlegen von Gärten zu bevorzugen, insbesondere Holz und Naturstein. Beiträge, die jeder Privathaushalt leisten kann sind beispielsweise auch das Nutzen torffreier Blumen- und Pflanzerde, der Verzicht auf mineralischen Dünger wie auch der Verzicht auf das Anpflanzen von invasiven, gebietsfremden Pflanzen. Besser sei es, die Biodiversität zu stärken und das ganze Jahr Blüh- und Nahrungspflanzen für die Insektenwelt oder Biotope anzulegen. Auch mit der Bereitstellung von Nistmöglichkeiten und Futterplätzen für die Tierwelt leiste man einen guten Beitrag und vor allem mit der Schaffung von offenen Bodenflächen im Garten für Insekten und Vögel.

Praxisnah, verständlich und faktenreich war auch die anschließende Diskussion, die ZDF WISO –Moderator Marcus Niehaves  mit Prof. Dr. Nicole  Pfoser, Herrn Aichele und Uwe Wöhlert, stv. Vorstandsvorsitzenden der LBS Landesbausparkasse Südwest, führte. Es wurden wirtschaftliche und gestalterische Aspekte vertieft und Fragen aus dem Publikum beantwortet sowie im Rahmen der Schaffung von „Grüner Infrastruktur“ grundlegende Fördermöglichkeiten der besprochenen Maßnahmen aufzeigt.

Termin

Donnerstag, 04. November 2021

Zentrum Baukultur im Brückenturm | Rheinstraße 55 | 55116 Mainz

Veranstalter:

Zentrum Baukultur Rheinland-Pfalz

Kooperationspartner:

LBS Landesbausparkasse Südwest

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