| Gemeinschaftliche Wohnprojekte

Motive und Hürden

"Wir werden älter, weniger, bunter – darauf müssen wir reagieren" – mit diesen Worten begrüßte Herbert Sommer, Leiter der Referatsgruppe Bauen + Wohnen im Finanzministerium Rheinland-Pfalz die Besucher im mehr als gut gefüllten Brückenturm Mainz zur Veranstaltung "Gemeinschaftliches Wohnen und Nachbarschaften" am 10. Juli 2014. Er betonte, dass es beim Thema Baukultur "nicht nur um die Architektur, sondern auch um die Menschen" gehe. Der Dialog sei ein wichtiges Thema und "Wohnungspolitik eine Querschnittsaufgabe", so Sommer weiter.

Die Diplom-Soziologin Pia Gerhards stellte anschließend die Zwischenergebnisse aus dem derzeit von der Technischen Universität Kaiserslautern durchgeführten und vom Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz geförderten Forschungsprojekt "Gemeinschaftliches Wohnen und Nachbarschaften" vor. Von den derzeit 47 Initiativen in Rheinland-Pfalz aktiven Initiativen, werden derzeit zehn Initiativen in der Planungsphase untersucht sowie fünf weitere, die ihr Vorhaben abgebrochen haben. Ziel ist es, herauszufinden, welche Motive für gemeinschaftliche Wohnprojekten vorliegen und wo die Hürden auf dem Weg zur Realisierung. Gerhards nannte Engagement, Vernetzung und Kommunikation als wichtige Aspekte bei solchen Wohnprojekten, aus Sicht der Initiativen spiele zudem der Architekt eine zentrale Rolle. Gewünscht werde überdies mehr Unterstützung durch das Land und die Kommunen.

So scheitern viele Initiativen in der Planungsphase, Grund sei hier oft ein fehlendes Grundstück und die zeitliche Dauer. Am häufigsten würden städtische Wohnlagen sowie das Wohnen zur Miete in solchen Projekten gewünscht, so Gerhards. Die meisten Initiativen zielten zudem auf Mehrgenerationenwohnen und Wohnen für Senioren ab. In der Regel werde zudem ein Neubau bevorzugt.  Als Hauptmotive nannte die Studie beispielsweise bezahlbaren Wohnraum für gemischte Bevölkerungsschichten, energetisch nachhaltige Gesamtkonzepte und die Mitgestaltung der Stadtentwicklung. Aktives, selbstbestimmtes Leben und Lebensqualität speziell für ältere Menschen stehe neben dem allgemeinen Wunsch nach Wohnen in der Gemeinschaft.

Als größte Hürde bezeichneten die untersuchten Initiativen den Zeit- und Kostendruck, die hohe Unsicherheit im Planungsprozess, fehlende Grundstücke, eine mangelnde Unterstützung durch die Politik und Verwaltung aber auch Probleme innerhalb der Gruppen. Auf der anderen Seite stünden laut Gerhards Erfolgserlebnisse wie die Bewilligung von Fördermitteln, eine erfolgreiche Grundstückssuche und das Finden einer verbindlichen Gruppenstruktur. Gewünscht wurde zudem von den Teilnehmern der Studie mehr Unterstützung beispielsweise durch das Bereitstellen von geeigneten Grundstücken, eine Projektbeteiligung oder auch das Projektmanagement.

In der anschließenden Vorstellung und Gesprächsrunde dreier rheinland-pfälzischer Initiativen für gemeinschaftliche Wohnprojekte, wertete Miriam von Helmholt von "WohnWeise21" aus Nieder-Olm die Haltung der Kommunen als abwartend. Diese "befürworten zwar Baugruppen, handeln aber nicht", so von Helmholt. Ingeborg Uhl-Ames von der Initiative Polychrom aus Ingelheim forderte ebenfalls mehr Unterstützung. Da die Planung, Organisation und Finanzierung von gemeinschaftlichen Wohnprojekten bis zu zwei Jahre brauche, solle die Stadt solange auch das Reservieren von Grundstücken ermöglichen, forderte Uhl-Ames. Karin Stock, Vorsitzende der VIS-a-VIS Wohnalternative im Martin-Luther-King-Park, einem Verein für gemeinschaftliches Wohnen in der Altersgruppe 50plus, präsentierte hingegen ein erfolgreich umgesetztes Wohnprojekt. Sie berichtete vom inzwischen einzugsfertigen Wohnbauprojekt der Initiative und nannte Kontakte und Hartnäckigkeit als wichtige Aspekte bei der Umsetzung eines solchen gemeinschaftlichen Projektes.

In der anschließenden, intensiven Diskussion warb der anwesende Referatsleiter Wohnen im Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie Rheinland-Pfalz Christoph Beck um Geduld. In einem solchen, auch gesellschaftlich begründeten Prozess müsse allen Beteiligten Zeit gegeben werden, "aufeinander zuzugehen". Das Land finanziere aber beispielsweise die Landesberatungsstelle für Gemeinschaftliches Wohnen in Rheinland-Pfalz, deren Arbeit am Abend mehrfach positiv von den Anwesenden Initiativen und Besuchern hervorgehoben worden war.

Herbert Sommer betonte, dass es wichtig sei, gute Beispiele für gemeinschaftliche Wohnprojekte bekannt zu machen und so Anreize zu schaffen. Das Land versuche zwar, Förderprogramme "an den aktuellen Bedarf anzupassen". Jedoch sei das Thema Wohnen ebenso heterogen wie die Wohnwünsche und -pläne der Menschen, daher sei es nicht einfach, auf all die unterschiedlichen Ansprüche einzugehen. Einig waren sich jedoch alle Anwesenden in der Zukunftsfähigkeit von gemeinschaftlichen Wohnprojekten für alle Altes- und Zielgruppen.

Termin

Donnerstag, 10. Juli 2014

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