Vortragsabend | Architektur in Israel

Auf den Spuren der Moderne

Mit dem Zitat von Marc Twain „Reisen ist tödlich für Vorurteile.“ begrüßte Bianca Klein, Leiterin der Geschäftsstelle Baukultur Rheinland-Pfalz, die 140 Gäste zum Vortragsabend. Im anschließenden Vortrag begaben sich die Architekten Thomas M. Krüger und Allard van der Hoek auf die Spuren der Moderne und zeichneten ein vielseitiges Bild Israels. Israel sei ein Land, das seit seinem Bestehen große Angst um seine Existenz hat. Der Krieg ist allgegenwärtig. Das zeigt sich unter anderem in der Tatsache, dass alle jungen Menschen nach ihrem Schulabschluss zunächst eine umfassende militärische Ausbildung erhalten, zumal aktuell die politische Situation im Land angespannt ist. Schaut man auf die Karte, zählt Israel trotzdem zu den Top-Regionen der Welt – nicht zuletzt, weil das Land einer der technologischen Vorreiter ist. Eine der größten „Top-Regionen“ des Landes ist Tel Aviv. Einst in der Wüste von einer Reihe von Familien gegründet, zählt die Stadt am Mittelmeer heute längst als hippe, liberale Metropole mit Strandfeeling. Die Bevölkerungsdichte ist vergleichbar mit dem Ruhrgebiet in Deutschland. Und Tel Aviv wächst weiter: (Wohn-)Raum ist knapp; das Thema Nachverdichtung in aller Munde. In der Weißen Stadt, eine Gartenstadt mit vielen Grünräumen und organischen Formen, die den „historischen“ Kern der Stadt bildet und seit 2003 zum UNESCO-Weltkulturerbe gehört, wird damit auf außergewöhnliche Weise umgegangen: Von den 4.000 Bauten, die überwiegend im Bauhaus- und Internationalen Stil errichtet wurden, sind 2.000 erhaltenswert, lediglich 200 sind denkmalgeschützt. Besitzt ein Bewohner ein denkmalgeschütztes Gebäude, bekommt er zum Ausgleich eine Grundstücksfläche außerhalb der Stadt zugeteilt. So wächst diese stetig weiter; Hochhäuser umrahmen zunehmend die historische Altstadt. Architekturhistorikern Prof. Dr. Regina Stephan sieht diese Kategorisierung des Denkmalschutzes kritisch. „Wenn ein Zahn fehlt, braucht man schon eine Brücke.“ Die Frage sei vielmehr, wie man mit alternder Moderne umgehe, denn alles spiele mit allem zusammen. „Das Besondere ist, dass sich die Architekten aus vielen verschiedenen Nationen und Kulturen am Ende des Tages auf eine sehr ähnliche Formensprache geeinigt haben, die dann zum Ensemble der Weißen Stadt wurde“, so Stephan. Durch das ganzjährig milde Klima ist die Kühlung der Häuser ein Thema der Architektur. Schon die Architekten der Weißen Stadt machten sich Gedanken, wie die Gebäude durch die Architektur selbst gekühlt werden können. Das Aufständern der Häuser kühlt diese von unten, zahlreiche Lüftungsschlitze und -klappen leiten die Brise des Meeres durch das Haus. Brise soleils schaffen ein helles Inneres und verschatten gleichzeitig. Auch der Krieg ist leider allgegenwärtig in der Architektur, denn jedes Haus dort benötigt einen raketensicheren Raum. Im Gegensatz zum hippen Tel Aviv steht das im Landesinneren gelegene Jerusalem. Die Stadt der Gegensätze unterscheidet sich laut Krüger nicht nur von seinen Temperaturen und seiner hügeligen Topografie von dem am Meer gelegenen Tel Aviv. Die Altstadt ist das Zentrum zweier Staaten und dreier monotheistischer Religionen mit einschlägiger Historie. Was viele nicht wissen, Jerusalem hat auch eine moderne Seite, die von zeitgenössischer Architektur geprägt ist. Ein wichtiges Beispiel dafür ist die Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem des Israelischen Architekten Moshe Safdie. Die Vorträge über Kultur, Kulinarik und Architektur gaben spannende Einblicke in das Land und machten Lust auf mehr.

Termin

Dienstag, 03. März 2020

Zentrum Baukultur im Brückenturm | Rheinstraße 55 | 55116 Mainz

Veranstalter:

Zentrum Baukultur Rheinland-Pfalz

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