| Gesprächsabend | Altbauchancen

Sanierung im privaten Wohneigentum

Warum wir uns mit Altbauten beschäftigen sollten? Rheinland-Pfalz ist Land der selbstnutzenden Immobilieneigentümer, es hat die zweithöchste Eigentumsquote in Deutschland. Bestand existiert also bereits und rund 18.000 weitere Baugenehmigungen kommen pro Jahr in Rheinland-Pfalz hinzu. Die Zahlen zeigen, dass die Klimaschutzziele durch Maßnahmen allein im Neubausektor nicht erreicht werden können.

Auch der Grundgedanke einfach alles abzureißen und nachhaltig neuzubauen, könne nicht die Lösung sein, erläuterte Marc Derichsweiler, stv. Leiter der Bauabteilung im Ministerium der Finanzen Rheinland-Pfalz im Rahmen seiner Begrüßung zum Gesprächsabend am 24. November im Zentrum Baukultur, denn schon der geringe Anteil an Bautätigkeit, im Vergleich zu dem was wir an Bausubstanz haben, mache 55% der CO2-Emissionen in Deutschland aus.

Die große Klimabilanz des Gebäudesektors enthält zudem nur die Energie- und die Emissionswerte aus dem laufenden Betrieb und lässt den Lebenszyklus derzeit noch gänzlich außer Betracht – nicht zu vergessen, dass 90% aller mineralischen Rohstoffe der Erde für das Baugeschehen verbraucht werden. Es gibt also Handlungsbedarf: Bauen im Bestand – hier konkret das Sanieren von Altbauten.

Uwe Wöhlert, stv. Vorstandsvorsitzender der LBS Landesbausparkasse Südwest, gab einen Überblick über die lokalen Immobilienmärkte, die Finanzierungspraxis und die aktuellen Trends im Wohnungsbau. Es sei ein gesellschaftlicher Auftrag, einen klimaneutralen Gebäudebestand bis zum Ende des 20. Jahrhunderts zu generieren – eine große Herausforderung, so Wöhlert. Der Altbau ist hier also der Hebel an dem man ansetzen sollte. In seinem Impulsvortrag beschrieb er die Herausforderungen, vor denen private Wohneigentümer heute stehen. Aber wissen eigentlich alle Eigentümer welche Anforderungen an die Sanierung von Bestandsbauten gestellt werden? Vermutlich nicht. Die LBS Südwest möchte daher für Eigentümerinnen und Eigentümer ein niederschwelliges Angebot schaffen, um über das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Sanierungsmaßnahmen aufzuklären und so gemeinsam dem Ziel einer positiveren Klimabilanz näher zu kommen. Dafür aber Zeit, Geld und Lust aufzuwenden ist oft eine Hürde. Es ist unerlässlich, stets auf allen Ebenen zur energetischen Sanierung zu motivieren.  Dies könne nur gemeinsam gelingen – im Zusammenarbeit von Staat, Förderinstitutionen und Eigentümern, erläuterte Wöhlert, aufklären, kompetent beraten und Anreize setzen.

Wie es in der Praxis gelingen kann, eine Bausubstanz zukunftsfähig zu machen, zeigte Prof. Uli Herres, Herres & Pape Architekten aus Salmtal in der Eifel, am Beispiel vom Haus Lönard in Salmrohr. Der Schwerpunkt des Büros liegt auf Bauen im Bestand, der Denkmalpflege und dem Bauen im Ortskern. Sie sind davon überzeugt, dass man alte Häuser zeitgemäß in Stand zu setzen ohne dabei ihre Qualitäten zu verlieren. Geplant wurden im Löhardhaus vier separate Eigentumswohnungen für eine Bauherrengemeinschaft mit dem Ziel einer nachhaltigen Investition. Das Motto der Planung war hierbei „Abriss und Neubau – so wenig wie möglich, so viel wie nötig“.

Es gebe viele Herausforderungen und kleine Hürden auf dem Weg zum Bestandserhalt, so Herres. Es beginne mit der teils fehlenden Fachkunde im Altbau bei den Fachleuten. Oft gebe es auch eine Abneigung, den Weg des geringsten Widerstands zu verlassen, das sei aber nötig, denn Routinelösungen für die Sanierung von Altbauten existieren kaum. Auch Vorurteile und „gesellschaftlicher“ Druck spielen eine Rolle und nicht zuletzt, die oftmals fehlende Flexibilität der Vorschriften und Normen. Und dennoch zeigen die Ergebnisse, dass es die Mühen wert sei.

„Erstmal aufräumen… auch abreißen – aber nur so viel wie nötig“Prof. Uli Herres, Herres und Pape Architekten, Salmtal/Eifel

Termin

Donnerstag, 24. November 2022 | 18.30 Uhr

Zentrum Baukultur im Brückenturm | Rheinstraße 55 | 55116 Mainz

Veranstalter:

Zentrum Baukultur Rheinland-Pfalz

Kooperationspartner:

LBS Landesbausparkasse Südwest

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