19.10.2020 | Eifelkreis Bitburg-Prüm

Die zukünftige Baukultur

Im Interview mit Dr. Joachim Streit, Landrat des Eifelkreises Bitburg-Prüm wird deutlich: Die Kultur des Bauens ist ein gesellschaftliches Thema, welches uns alle betrifft. „Baukultur ist allgegenwärtig und die unverwechselbare Visitenkarte von Städten und Dörfern“

Die „Baukultur Eifel“ soll nicht nur erhalten, sondern weiterentwickelt werden. Dafür wirbt Landrat Dr. Joachim Streit seit Jahren. Wir haben gefragt, wie das gelingt.

Welchen Stellenwert hat die Baukultur für die Region?
Dr. Streit: Neben dem Naturraum Eifel ist die ländliche Baukultur der Dörfer unser Reichtum. Baukultur ist allgegenwärtig und die unverwechselbare Visitenkarte von Städten und Dörfern. Sie ist wichtige Grundlage für die Identifikation mit Gebäuden, Orten und der Region Eifel. Regionale Identität, wirtschaftliche Entwicklung wie Tourismus und Fremdenverkehr, sind mir als Landrat ein besonderes Anliegen.


Welche Werte gilt es zu erhalten?
Dr. Streit: Hauslandschaften, Parzellenstrukturen und Gebäudestellungen sind charakteristisch für die Eifelregion. Die vielfältigen Siedlungsstrukturen gilt es zu erhalten, modern zu interpretieren und weiterzuentwickeln. Die spannungsreichen Raumfolgen innerhalb der traditionellen Wohngebiete, die letztlich zur Individualität des jeweiligen Ortsgrundrisses führen, gilt es in die Zukunft zu übertragen.

Sollten neue Werte geschaffen werden?
Dr. Streit: Verantwortungsvoll neu bauen bedeutet, die regionale Formensprache weniger als Ballast, sondern vielmehr als Stimulanz für eine kreative, moderne Fortentwicklung zu begreifen. Selbstbewusste, zeitgemäße wie auch qualitätsvolle architektonische Lösungen, die dem Standort Eifel gerecht werden, sind gefragt. Neu und Alt müssen keine Widersprüche darstellen.

Wie sensibel sollte man und wie kontrovers kann man mit dem Thema Baukultur umgehen?
Dr. Streit: Bauen bedeutet, seine eigene, aber auch die Umwelt seiner Mitmenschen zu gestalten. Somit ist die Kultur des Bauens ein gesellschaftliches Thema, welches uns alle betrifft. Durch wegfallende Funktionen und gewandelte Wohnansprüche ergeben sich neue Herausforderungen. Es droht der Verlust baukultureller Werte und ein Verlust von Attraktivität für den Ort und die Region Eifel. Dem gilt es, entgegenzutreten. Bürger und Politik, Bauherren, Architekten, Planer und Behörden sind daher aufgerufen, sich für das kulturelle Erbe, seine qualitätsvolle Weiterentwicklung und für eine zeitgemäße Kultur des Bauens zu engagieren. Wir wollen die Bevölkerung für eine bewusste Wahrnehmung und Gestaltung ihrer gebauten Umwelt sensibilisieren, um durch einen breiten, bürgerschaftlichen Dialog zu einer Verbesserung des baulichen Wohnumfeldes beizutragen.

Gibt es Initiatoren, um neue Projekte voranzutreiben?
Dr. Streit: Die Umsetzung baukultureller Ziele innerhalb des Eifelkreises Bitburg-Prüm erfordert die Mitwirkung möglichst vieler, am Baugeschehen beteiligter Akteure. Insoweit gilt es, ein breites Netzwerk mit Kooperationspartnern z.B. aus Handwerk, Gewerbe, Banken, Immobilienunternehmen, Verwaltung und Kommunen zu bilden. Ziel ist, moderne, regional inspirierte Projekte zu entwickeln und voranzutreiben. Durch den in den Jahren 2013, 2015 und 2017 ausgelobten Baukulturpreis Eifel wurden baukulturell vorbildliche Projekte, die Bauherrinnen und Bauherren sowie deren Architekten und Planer ausgezeichnet.
Dieser Trend ist ungebrochen und zeigt sich auch in aktuellen Bauvorhaben.

Gibt es Unterstützung für die Umsetzung von privaten Bauprojekten?
Dr. Streit: Es gibt vielfältige und umfangreiche Möglichkeiten, um die Umsetzung privater Bauvorhabens aus öffentlichen Mitteln zu unterstützen.
Neben dem bedeutenden Dorferneuerungsprogramm des Eifelkreises Bitburg-Prüm können private Bauherrinnen und Bauherren unter anderem auf Bundesebene durch Programme der KfW und der BAFA, im Land durch die Programme der Sozialen Wohnraum- und Städte-
bauförderung sowie Kommunalentwicklung Unterstützung erfahren.

Wie wird dies von der Bevölkerung angenommen?
Dr. Streit: Die Dorfentwicklung hat bei den Kommunen, aber auch in der Bevölkerung einen hohen Stellenwert. Immerhin 85 Prozent der Gemeinden verfügen über ein Dorfentwicklungskonzept. Die finanzielle Unterstützung des Dorferneuerungsprogramms wird entsprechend stark nachgefragt.
Der Eifelkreis erfährt seit mehr als 20 Jahren in diesem Bereich die höchste Mittelzuweisung im Land Rheinland-Pfalz.

Welche Ziele und Wünsche haben Sie für den Eifelkreis?
Dr. Streit: Ich wünsche mir, dass Baukultur als Mehrwert für alle begriffen wird, mit dem Verständnis „Eifeler bauen Eifel“. Das ist eine langfristige Entwicklung, welches das baukulturelle Profil des Eifelkreises hervorbringt.

Interview (PDF)

Text und Interview: Simona Kruß

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