30.11.2020 | Welterbe Oberes Mittelrheintal

Mit einer Stimme für die Region

Mit ihrer Lage zwischen den Ballungszentren FrankfurtRheinMain und Köln/Bonn kommt der Region am Oberen Mittelrhein die Funktion eines Scharniers zwischen zwei international agierenden Wirtschaftsräumen zu und ist gleichzeitig selbst ein wichtiger Wirtschaftsmotor mit langer Tradition im Tourismus- und Kulturbetrieb. Die historisch und baukulturell bedeutenden Sehenswürdigkeiten, gepaart mit der unverwechselbaren Landschaft, sind Alleinstellungsmerkmale, die 2002 auch die UNESCO-Welterbe-Jury überzeugten. Welche Impulse von der Welterberegion Oberes Mittelrheintal ausgehen und welche Pläne es für die bauliche und kulturelle Weiterentwicklung gibt, darüber sprachen wir mit Landrat Frank Puchtler in seinem Amtssitz in Bad Ems.

Was sind die Besonderheiten der Welterberegion Oberes Mittelrheintal?
Puchtler: Das Besondere ist die einzigartige Landschaft und die Bedeutung des Rheins als europäischer Strom. Hier haben sich von Anbeginn Völker und Kulturen gemischt und hier trifft sich auch heute noch die ganze Welt. Die Burgen über den Steilhängen, Weinanbau und Geschichten, wie sie sich um den Felsen der Loreley ranken, veredeln das Tal. Die Bauten der Rheinromantik mit Türmen, Fachwerkhäusern, Hotels und Gastwirtschaften geben dem Mittelrheintal Struktur, Identität und Flair. Und genau das gilt es zu erhalten und gleichzeitig ins Moderne zu transferieren.

Wie kann das aussehen: erhalten und gleichzeitig modernisieren?  
Puchtler: Im Großen gilt es, das Welterbe und den Stil der Romantik zu bewahren, doch müssen wir auch Modernität ausstrahlen. Welterbe darf nicht eine abgeschlossene Glocke sein, denn die heutigen Bauten waren ja auch nicht einfach von einem auf den anderen Tag da. Die Häuser sind oft in einer Zeit errichtet, in der es nicht die baulichen und digitalen Standards gab, die Anwohner und Gäste heute selbstverständlich erwarten – mit Klimatechnik und WLAN. Wir müssen Denkmalpflege und Kulturtradition im Blick behalten und gleichzeitig in moderne Infrastruktur und Technik investieren.

Was verbinden Sie mit dem Begriff Heimat?
Puchtler: Für mich ist die unmittelbare Heimat dort, wo ich aufgewachsen bin und lebe: im Heimatort Oberneisen. Mit Heimat 2.0 und den Auswirkungen der Corona-Lage bekommt das Thema eine weitere Bedeutungsebene. Heimat ist Zukunft, die wohl verstanden werden muss: Was Menschen in einer tief entwurzelten Gesellschaft brauchen und in Heimat finden, ist Halt, Identität, Verbundenheit, Stärke und Optimismus.

Welches sind die Orte im Oberen Mittelrheintal, die Ihnen als Sportler und als politischer Vertreter dieser Region besonders am Herzen liegen?
Puchtler: Allgemein ist es das Zusammenspiel aus unverwechselbaren Landschaftsräumen und wunderschönen Burgen und Bauten. Hier sehe ich Politik, Verwaltung und Denkmalschutz in der Verantwortung, Anreize zu schaffen für Eigentümer und Investoren, die Häuser bewahren und weiterentwickeln wollen. Als gute Beispiele, bei denen das gelungen ist, sind das unter anderem die Loreley, das Hilchenhaus in Lorch, Maria Ruh in Urbar, das Günderodehaus als Kultstätte für alle Fans von Edgar Reitz und seiner »Heimat-Filmreihe« oberhalb von Oberwesel wie auch die Kommunalakademie in der Villa Belgrano in Boppard, die Festung Ehrenbreitstein und das Dikasterialgebäude in Koblenz zu nennen. Und wenn man von der Felsspitze der Loreley oder einem der vielen anderen Aussichtspunkte entlang des Rheinsteigs in das Mittelrheintal schaut, sieht man wie harmonisch sich Natur, Kultur-, Sozial- und Wirtschaftsleben in das Tal einfügen.

Was sind weitere Ziele und konkrete Maßnahmen – auch im Zusammenhang mit der BUGA 2029?
Puchtler: Der Weg ist das Ziel! Wenn ich es mit dem Backen einer Torte vergleiche, dann entspricht die bisherige Vorbereitung der BUGA dem Rezept und wir stellen derzeit die Backzutaten zusammen. Aktuell läuft das Auswahlverfahren für eine(n) hauptamtliche(n) Geschäftsführer/in, die/der ab Januar 2021 die BUGA GmbH leiten und mit einem fachkundigen Team die Projekte auf den Weg bringen soll. 2029 ist es dann soweit: Dann können wir den BUGA-BesucherInnen die Torte garniert mit Sahne und gespickt mit Mittelrhein-Kirschen zu servieren.

Blühende Gärten entlang des Rheins und Ortschaften, die sich fit gemacht haben für die Zukunft. Wie werden Sie 2029 zurückblicken auf 2020?
Puchtler: Durch das gemeinsame Ziel einer BUGA, bei der sich jede Region bestmöglich präsentieren will, haben wir es geschafft regionale Differenzen zu überwinden und zu einer starken Mittelrhein-Gemeinschaft zusammenzuwachsen. Aus der 2005 gegründeten Zweckverbandsversammlung hat sich ein Mittelrhein-Parlament entwickelt, welches die Region in baulichen, kulturellen, touristischen, Mobilitäts- und vielen weiteren Fragestellungen überall dort vertritt, wo es EINE Stimme der Region braucht, um wettbewerbsfähig zu sein im europäischen und internationalen Vergleich.

Mit einer Stimme für die Region (PDF)

Interview Andrea Schwappach

 

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