Nachgefragt: Industriedenkmal
Viele denken bei Denkmalschutz an Kirchen, Schlösser und Burgen. Doch auch ehemalige Industriestätten können unter Denkmalschutz stehen. Warum das so ist und was Industriedenkmäler ausmacht, erklärt Dr. Clev im Interview. Er ist Leitender Planer der Planungsgemeinschaft Westpfalz sowie Geschäftsführer der ZukunftsRegion Westpfalz, die als Verein für ein besseres Image innerhalb und außerhalb der Region sorgt.
Wieso stehen ehemalige Industriestätten unter Denkmalschutz?
Dr. Clev: Es gibt Industriestätten, die für eine Region, einen Wirtschaftszweig oder eine Epoche symbolischen Charakter haben. Das betrifft die Bauten ebenso wie die Industrieanlagen in oder neben den Hallen. Sie helfen, Zusammenhänge zu verstehen und sie sind ein Glied in einer Kette der industriellen Entwicklung - zwischen Manufaktur und digitaler Wirtschaft. Die Grenzen des Machbaren wurden dank neuer Techniken und Materialien immer weiter verschoben. Industriebauten dokumentieren somit eine Entwicklungsstufe in der Bautechnik. Sie sind aber auch ein Spiegelbild ihrer Epoche. Vieles, was wir heute aus fernen Ländern beziehen, wurde früher vor Ort hergestellt. Ihre Erhaltung in bestimmten Fällen also sinnvoll, zumal viele im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden.
Worauf muss bei Industriedenkmälern baulich geachtet werden?
Dr. Clev: Industriedenkmäler sind selten singuläre Objekte. Es sind meist Ensembles, daher ist bei ihrem Schutz darauf zu achten, dass das Umfeld erhalten bleibt oder zumindest dokumentiert wird. Dies betrifft nicht nur Nebengebäude der Kernproduktionsstätten, sondern auch das „menschliche“ Drumherum: Herrenhäuser, Kapellen, Arbeiterwohnungen, Stallungen, aber auch Schlösser oder Parks, welche die Eigentümer für sich und ihre Arbeiter errichten ließen. Das war Ausdruck der Verantwortung der Industriellen für ihre Arbeitnehmer.
Wer ist die Familie Gienanth und was hat sie der Region hinterlassen?
Dr. Clev: Die Gienanths waren eine aus der Schweiz zugewanderte Familie, die mit ihrer Stahl- und Eisenproduktion half, eine im Dreißigjährigen Krieg geschundene Region wiederaufzubauen und auf den Weg der Industrialisierung zu bringen. Vieles, was wir bis heute kennen, geht auf das Wirken der Gienanths zurück. Die heutige Wirtschaftsstruktur ist in weiten Teilen ein Erbe des Wirkens der Industriellenfamilie.
Nachgefragt: Industriedenkmal (PDF)
Interview Lena Pröhl
„Wir sind Heimat“ informiert regelmäßig über regionales Bauen, moderne Architektur, Leben auf dem Land und die Menschen, die dahinter stehen. Die Reihe wird herausgegeben von der Stiftung Baukultur Rheinland-Pfalz mit finanzieller Unterstützung des Ministeriums der Finanzen Rheinland-Pfalz.
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"Wir sind Heimat" zeigt Porträts regionaler Baukulturprojekte in Rheinland-Pfalz und ihrer Protagonisten.
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Die Spezial-Edition zum Nationalpark Hunsrück-Hochwald
zeigt Menschen, die im Nationalpark zuhause sind und ihn baukulturell gestalten – zum Beispiel Nationalparkleiter Dr. Harald Egidi. Für ihn ist Heimat vor allem Mut: "Mut, auf Bestehendem aufzubauen, das wertzuschätzen und gemeinsam Neues zu wagen." – Hier stellen Menschen ihre Heimatgefühle vor.
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