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Architektur von Arne Jacobsen und Otto Weitling in Deutschland

Erste Wanderausstellung zeigt sieben von acht gemeinsam realisierten Projekten

Der nordische Funktionalismus von Jacobsen und Weitling ist ein Spiegel der Visionen der alten BRD. Es ging bei den Entwürfen und Aufträgen um Demokratie, Prestige und Effizienz. Die Ausstellung wirft ein Schlaglicht auf die Formgeber und die baukulturelle Verbundenheit beider Länder. Sie ist zugleich eine Bestandsaufnahme der heutigen Situation und des Umgangs mit dem Erbe der Spätmoderne. Die Kuratoren möchten die Besucher dazu anregen, sich selbst ein Bild der Architektur von Jacobsen und Weitling zu machen. Die Reise wird sie ans Meer, in Modellstädte der Moderne und zu einer Vielschichtigkeit führen, die eine Auseinandersetzung im Sinne Otto Weitlings provoziert: „Ein Für und Wider wäre schon ein positives Zeichen, denn ein Haus, über das man nicht redet, ist meist nicht der Rede wert.“

Arne Jacobsen beherrschte die ganze Bandbreite des Entwerfens – von der Gabel bis zum Rathaus, vom Kleinen und Feinen bis zum Großen und Monumentalen. Außerhalb von Fachkreisen ist es jedoch weniger bekannt, dass Jacobsen in enger Partnerschaft mit Otto Weitling eine Reihe von Projekten in Deutschland realisierte. Eine Partnerschaft in der Architektur, die Zeichen für die Entwicklung der modernen Architektursprache setzte: damals und heute – in Deutschland und Dänemark.

Deutsch-dänische Verbundenheit

Die Ausstellung „Gesamtkunstwerke“ wirft ein Licht auf das Werk und die engen Beziehungen der beiden Architekten in Deutschland, wo sie Projekte in unterschiedlichen Maßstäben umgesetzt haben: vom lichten Glasfoyer in Hannover über die Atriumhäuser im Berliner Hansaviertel, dem Rathaus in Mainz, dem Hamburger Gymnasium Christianeum und dem HEW-Hochhaus in der City Nord der Hansestadt bis zu städtebaulichen Anlagen wie dem Forum Castrop-Rauxel oder der Ferienanlage Burgtiefe auf Fehmarn. Hier wird deutsch-dänische Architekturgeschichte sichtbar. Die Geschichte dieser Gebäude verrät bis heute viel von der Entstehungszeit in den 1960er und 1970er Jahren und ihrer Ideen und Visionen.
Trotz aller Qualitäten und geschichtlicher Fakten, ohne Emotionen werden die Bauten – allen voran das Rathaus in Mainz – wohl selten betrachtet. „Das Gebäude lässt nieman-
den kalt“, bestätigte Michael Ebling, Oberbürgermeister der Landeshauptstadt in seinem Impuls zur Ausstellungseröffnung am 13. September 2022. Edda Kurz, Architektin und
Vizepräsidentin der Architektenkammer Rheinland-Pfalz begrüßte vorab das Publikum und betonte die Vielschichtigkeit in Jacobsens und Weitlings Werken, die Präzision der
Planung und Ausführung und hob ihre Fähigkeit hervor, Formen und Materialien perfekt zu komponieren. Jedes einzelne Element habe seine Bedeutung im Gesamtkunstwerk.
Unbedingtes Ziel solle es sein, die Konzeption und die Gedankenwelt, die den deutsch-dänischen Bauten zugrunde liegen, weiter zu vermitteln.
Prof. Dr. Regina Stephan, Architekturhistorikerin an der Hochschule Mainz, wies in ihrem Vortrag auf eine wesentliche Qualität des Rathausentwurfs hin, den Erhalt der alten
Mainzer Stadt- und Kirchturm-Silhouette. Historische Modellbilder verdeutlichten dies, die Höhenentwicklung werde durch das niedrige Rathaus nicht gebrochen. Im Gegenteil, durch seine Anordnung im Stadtraum und den großen Vorplatz lasse es viel Raum und biete eine Bühne für das Wahrzeichen der Stadt, den Mainzer Dom.
Unweigerlich trifft hier die planerische Wertigkeit auf persönliche Sichtweisen. Doch auch wenn der Umgang mit dem architektonischen Erbe kontrovers und bisweilen emotional diskutiert wird: Es geht nicht um Geschmack, sondern darum, ein Gesamtkunstwerk zu restaurieren und für die Nachwelt zu erhalten – mit all seinen vielen Details. Das Berliner Kuratoren-Duo, Architekt Hendrik Bohle und Journalist Jan Dimog, hat den Blick dafür jedenfalls nochmal geschärft.

Termin

Dienstag, 13. September 2022 | 18.30 Uhr

Veranstalter:

Zentrum Baukultur Rheinland-Pfalz

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