| Werkvertragsrecht

Halbvolle Gläser – Reform des Bauvertragsrechtes

„Reform des Bauvertragsrechts – ein Fortschritt für die Architekten?“, fragte die Einladung zum Informationsabend über das neue Bauvertragsrecht am Nikolausabend im Zentrum Baukultur Rheinland-Pfalz. Gemeinsam eingeladen hatten die VHV und das Zentrum Baukultur. Rechtsanwalt Michael Halstenberg aus Düsseldorf, Ministerialdirigent a.D., informierte an diesem Abend aus erster Hand. Er hatte einst bei der Reform mitgewirkt.

Bislang stellt die gesamtschuldnerische Haftung eine unverhältnismäßige Verteilung der Haftungsbelastung zu Ungunsten von Architekten dar. Das alte für den Bau meist geltende Werkvertragsrecht wurde – auch vor dem Hintergrund intensiver Informationsarbeit der Architektenkammern – als zu allgemein und unpräzise bewertet. Einer der wichtigsten Gründe für die grundlegende Reform des Bauvertragsrechts, die am 1. Januar 2018 in Kraft treten wird, war daher, die gesamtschuldnerischen Haftung der Architekten zu überprüfen und die haftungsrechtliche Situation der Planer möglichst zu verbessern. Dies sei, so Halstenberg in seinem Vortrag, zu einem guten Teil gelungen. Das neue Recht bietet nach seiner Einschätzung Chancen und Risiken, wobei für ihn die Chancen im Vordergrund stehen: „Sie müssen sich die neuen Regelungen zunutze machen. Das hat viel Potential“, forderte Halstenberg den vollbesetzten Saal auf.

In seinem Vortrag, der die Zuhörerschaft vom Buchstaben „p“ bis zum Buchstaben „t“ quer durch alle neuen Regelungen des  § 650 des BGB führte, ging er auf zentrale Änderungen ein. Darunter auch das „Anordnungsrecht des Bestellers“, das dem Architekten eine genauere Abgrenzung zwischen Akquisitionsphase und Leistungsphasen erlaube. Halstenberg legte dar, wann Architekten Vergütungen verlangen können. Die Abgrenzung zur Akquise sei auf der Grundlage der Neufassung wesentlich leichter.

Eine weitere wichtige Neuerung für die Planer sah er im § 650g, der die Zustandsfeststellung vorsieht. Hierdurch kann, selbst wenn keine (Teil-)Abnahme nach § 650s erfolgt, die Gefahr auf den Bauherren übergehen. Auch den Tatbestand der prüffähigen Schlussrechnung sah er durch die neue Regelung sehr viel besser gelöst. Sie „gilt als prüffähig, wenn der Besteller nicht innerhalb von 30 Tagen nach Zugang der Schlussrechnung begründete Einwendungen gegen ihre Prüffähigkeit erhoben hat“.

Im Hinblick auf die gesamtschuldnerische Haftung sind die Fortschritte für die Architektenschaft möglicherweise noch überschaubar. Zwar muss nun zunächst der Unternehme in Anspruch genommen werden (§ 650t). Nach einem Nachbesserungsversuch des Unternehmers kann der Bauherr jedoch nach wie vor Schadenersatz vom  Architekten verlangen.

Die neuen Regelungen gelten für Verträge, die ab dem 1. Januar 2018 geschlossen werden. Für die Zukunft stellte Halstenberg die Novelle des Bauträgervertragsrechtes und eine Auseinandersetzung über das Modell einer Versicherung für alle am Bau Beteiligten in Aussicht. Letztlich würde eine solche Konstruktion der „Gesamtversicherung“ an die französischen Regelungen anknüpfen, ein für Verbraucher und die planenden Berufe vorteilhafteres Modell.

Den Vortrag finden Sie hier als PDF-Download

Begrüßt zur Veranstaltung, die von der VHV Allgemeine Versicherung AG und dem Zentrum Baukultur gemeinsam durchgeführt worden war, hatte Edda Kurz, Vizepräsidentin der Architektenkammer Rheinland-Pfalz. Kurz wies auf die Bedeutung des Werkvertragsrechts für den Berufsstand und  entsprechend notwendige faire Haftungsregelungen hin

Im Anschluss an den Fachvortrag nutzen die anwesenden Besucher ausführlich die Gelegenheit, Fragen an den Referenten zu richten.

Termin

Dienstag, 05. Dezember 2017

Zentrum Baukultur Rheinland-Pfalz

Veranstalter:

Zentrum Baukultur im Brückenturm | Rheinstraße 55 | 55116 Mainz

Kooperationspartner:

VHV Allgemeine Versicherung AG

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