| "Bauen mit Holz ist auf dem Vormarsch."

Holzbaupreis Rheinland-Pfalz 2018 im Zentrum Baukultur verliehen.

Einer der ältesten Baustoffe überhaupt rückt zunehmend in den Fokus: Holz. Denn Holz ist nicht nur ästhetisch, besonders leicht und dämmt gut, er ist auch der Nachhaltigkeitsbaustoff Nummer eins. "Das Holz, das für eines der heute zu lobenden Gebäude mit fast 10.000 Kubikmetern verwendet wurde, wächst im deutschen Waldbestand innerhalb von fünf Minuten nach", illustrierte die Vizepräsidentin der Architektenkammer Rheinland-Pfalz Edda Kurz den Aspekt der Ressourcenschonung des Baustoffs Holz eindrucksvoll. "Holz eignet sich für unterschiedlichste Bauaufgaben", stimmte sie die zahlreich erschienen Gäste auf die Preisverleihung des Holzbaupreises 2018 am 12. Juni im Zentrum Baukultur im Brückenturm in Mainz ein.

"Für uns Architekten", führte Kurz in ihrem Grußwort als Juryvorsitzende weiter aus, "ist Holz zugleich ein spannender Baustoff. Das liegt im wahrsten Sinne des Wortes in der Natur der Sache, nämlich im Baumstamm – der stabförmig daher kommt – also ein Stabtragwerk im Sinne der Statik ist und daher einer freien Formgebung nicht so gefügig ist, wie beispielsweise Beton. Der Kräfteverlauf muss den stabförmigen Bauteilen folgen. Selbst die Flächentragwerke bestehen aus einzelnen Stäben, von denen jeder seinen Anteil an der Tragstruktur hat, und sind daher mit Bedacht zu planen. Wo liegen Öffnungen? Wo werden Installationen geführt? Und wie bilden wir Durchdringungen aus? Der Baustoff Holz diszipliniert. Folgt man ihm konsequent, ergeben sich klar gegliederte, sauber strukturierte Architekturen."

"Eine `Hommage an den Holzbau´ – ich selbst hätte die Vorzüge von Holz nicht besser benennen können", sagte der Vorsitzende des Landesbeirats Holz Rheinland- Pfalz Dr. Gerd Loskant, der seine Freude über die Vielzahl gelungener Architekturbeiträge in Holz zum Ausdruck brachte: "Die Vorzüge von Holz überzeugen eine zunehmend größere Zahl von Bauherren. Das rheinland-pfälzische Handwerk weiß mit guter Ausführungsqualität darauf eine Antwort zu geben, und offensichtlich eignet sich der Baustoff für alle Formen der Nutzung: vom schlichten Wohnhaus auf der grünen Wiese über das funktionale Gewerbegebäude bis zum phantasievollen Kunstwerk. Holz ist ein moderner, sympathischer Baustoff. Holz ist der Baustoff mit Zukunft." Der bereits zum achten Mal ausgelobte, vom Ministerium für Umwelt, Energie, Ernährung und Forsten geförderte Preis zeichnet herausragende realisierte Bauwerke aus Holz und Holzwerkstoffen aus – sowohl Neubauten als auch Bauten im Bestand. "Ziel ist es, die Verwendung und Weiterentwicklung des Ressourcen schonenden und nachhaltigen Baustoffs zu fördern", erläuterte Loskant den Preis aus Auslobersicht.

Forstministerin Ulrike Höfken lobte im anschließenden Impulsvortrag die positive Entwicklung der Holzbaubranche in Rheinland-Pfalz, die von der Landesregierung mit ihrem Engagement im Cluster Forst und Holz unterstützt wird. "Bauen mit Holz ist auf dem Vormarsch. Das spiegelt sich nicht nur in der mit 58 Projekten erfreulich hohen Summe eingereichter Projekte wider, sondern auch in den sehr unterschiedlichen Bauaufgaben, bei denen Holz zum Einsatz kommt. Damit geht nicht nur von den Preisträgern, sondern von allen Beiträgen ein positives Signal aus. Das gilt insbesondere für die Vielzahl hoch energieeffizienter Bauten mit herausragender Klimabilanz", betonte Höken. Schließlich liefere Holz auch für so drängende gegenwärtige Herausforderungen wie die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum oder einen aktiven Klimaschutz adäquate Lösungen. Mit 51.000 Beschäftigten und einem Jahresumsatz von rund zehn Milliarden Euro zähle die Wertschöpfungskette Holz ohnehin zu den am stärksten wachsenden Wirtschaftszweigen in Rheinland-Pfalz. Ein wesentlicher Baustein für diesen Boom sei die vom Land betriebene naturnahe, nachhaltige Waldwirtschaft, so die Ministerin.

Edda Kurz stellte als Vorsitzende des Preisgerichts zum Holzbaupreis Rheinland-Pfalz 2018 die acht Preisträger vor. Dass sich die interdisziplinäre Jury aus Medienvertretern, Zimmerern, Professoren und Architekten ihre Wahl aus den vielen qualitativ hochwertigen Bewerbungen nicht leicht machte, hatte eingangs schon Loskant betont, der ebenfalls der Jury angehörte: "Es ging hoch her; es wurde intensiv und kontrovers diskutiert." Dabei spielten neben der Funktion und (Bau-) Technik auch Ästhetik und Klimaschutz als Auswahlkriterien eine Rolle. Unter den 58 eingereichten Arbeiten wurden vier gleichrangige Preise sowie vier Anerkennungen vergeben.

Über einen Preis freuten sich die Swillus Architekten aus Berlin/Werder an der Havel, die für die Landesgartenschau 2015 die barrierefreie Sporthalle am Ebenberg in Landau realisierten sowie das Darmstädter Büro werk.um Architekten GbR. Anders als herkömmliche Mitcontainer, die bisweilen als Interimslösungen genutzt wurden, kann die von ihnen geplante temporäre Schule Mobi:Space in Trier nach vier Jahren Standzeit an anderer Stelle wieder aufgebaut werden – ganz im Sinne der Nachhaltigkeit. Einen weiteren Preis nahm Harald Neubauer in Empfang. Der Architekt aus Emmelshausen hatte mit seinem Team für das Textilunternehmen Arenz ein Gewerbegebäude mit einer innovativen Holz-Verbundkonstruktion in Dernbach im Kreis Neuwied entwickelt. Auch die Quartiersgarage des freien Architekten Boris Milla in Ludwigshafen-Rheingönheim, die bewusst einen Gegenakzent zu den allgegenwärtigen Fertiggaragen setzt, wurde ausgezeichnet. Neben dem Dannstädter Architekten waren auch die Holzbauer Matthias Spath und Thomas Schmitz aus Bad Kreuznach zugegen, um den Preis entgegenzunehmen.Zusätzlich wurde eine lobende Erwähnung für die sechs Backshops "Brotzeit" der regionalen Kette "Görtz" ausgesprochen, die individuell auf die jeweilige Situation vor Ort abgestimmt sind und mit örtlich ansässigen Zimmereibetrieben erstellt wurden.

"Es ist spannend zu sehen, welche kreativen Lösungsansätze die prämierten Gebäude und deren Planer bieten", sagte Höfken abschließend und Loskant ergänzte: "Gerne mehr davon!"


Die Preisträger

Sporthalle am Ebenberg, Landau
Architektur: Swillus Architekten (Berlin/Werder an der Havel)
Bauherrin: Landesgartenschaugesellschaft Landau

Im Zuge der Landesgartenschau Landau 2015 entstand auf dem Konversionsgelände der ehemaligen französischen Kaserne in Landau/Pfalz auch ein neuer Sportpark. Zu ihm gehört die Einfeldhalle "Sporthalle am Ebenberg". Die Hauptsportart Inlineskatehockey wurde zur Formgeberin des Bauwerkes. Die gerundeten Ecken des Hockeyspielfeldes zeichnen sich nach außen ab. Die Konstruktion der Sporthalle ist als Holztafel- und Holzrahmenbau ausgeführt. Das Haupttragwerk besteht aus sechs BSH-Pendelstützen, die sechs Einfeldträger aus Brettschichtholz in Sichtqualität als Dachkonstruktion tragen. Die Außenwände aus zweiseitig beplankten Vollholzprofilen wurden als Holztafeln Elementweise im Werk vorgefertigt und innerhalb weniger Tage montiert.

Die Jury hob die prägnante Formgebung der Halle hervor, die ein Zeichen für den Holzbau setze. Die Konstruktionsweise werde innen wie außen erlebbar und gestaltgebend eingesetzt. Sie zeige die Leistungsfähigkeit des Holzbaus für weitgespannte Tragwerke und öffentliche Bauten signifikant.

Gewerbegebäude des Textilunternehmens Arenz, Dernbach
Architektur: Neubauer Architekten und Ingenieure, Emmelshausen
Bauherrin: Firma Arenz, Textilhandelsgesellschaft, Dernbach (Kreis Neuwied)

Das Dernbacher Textilunternehmen, quasi auf halber Strecke zwischen Köln und Mainz gelegen, hat sich auf Brauchtumstextilien, also Gardeuniformen und -kostüme, spezialisiert. Produktion, Präsentation und Verkauf – alle drei Funktionen sollte das neue Gebäude des Unternehmens vereinen.

Es wurde als Quader entwickelt, der mit nur etwa 40 Prozent seiner Fläche auf dem gewachsenen Gelände aufliegt. Den Rest tragen BSH-Stützen. So konnten nicht nur Eingriffe in die Topografie vermieden werden, gleichzeitig entstand ein prägnanter Baukörper, in dem sich die Präsentationshalle mit weitem Blick in die Landschaft öffnet. Ungewöhnlich in Art und Anordnung sind diese schräg stehenden, dreiteiligen Pylone, die mittels eingeklebter Stabstähle und einer Schubbewehrung in die Holz-Beton-Verbunddecke eingebunden wurden. Innovationskraft und Experimentierfreude dieser Konstruktion haben die Jury überzeugt.

Quartiersgarage in Ludwigshafen-Rheingönheim
Architektur: Freier Architekt Boris Milla, Dannstadt-Schauernheim
Bauherren: Nadja und Christian Seelmann, Ludwigshafen-Rheingönheim

Das Vorbild der südpfälzischen Tabakspeicher machte sich die Quartiersgarage zu nutze. Hier sollte zunächst eine Reihe von Fertiggaragen entstehen. Zum Glück für Rheingönheim kam es anders: Es wurde ein Baukörper geschaffen, der sich in den dörflichen Kontext von giebelständigen Häusern mit Satteldach einfügt.

Bei der Konstruktion wurde darauf geachtet, mit möglichst wenig unterschiedlichen Holzquerschnitten aus Massivholz auszukommen. Unter Verzicht auf Stahlbauteile wurde der Skelettbau mit spezifischen Holzverbindungen gefügt. Die Jury hat der ganzheitliche Ansatz, mit dem eine kleine Aufgabe perfekt durchgearbeitet wurde, begeistert.

Temporäre Schule Mobischool in Trier
Architektur: werk.um Architekten, Darmstadt
Bauherrin: Stadt Trier/Gebäudemanagement

Der dreigeschossige Neubau der integrierten Gesamtschule Trier am Wolfsberg mit 20 Klassenräumen für bis zu 580 Schüler ist eine Zwischenlösung. Vier Jahre soll er am aktuellen Standort als Ausweichquartier für die Zeit der Sanierung des IGS-Bestandsgebäudes bleiben. Anschließend, so die Planung, wird er abgebaut und an anderer Stelle als Grundschule wiedererrichtet. Daher ist alles am Gebäude, das etwa 10.000 Kubikmeter Raumvolumen umfasst, demontabel.

In nur sieben Monaten Bauzeit entstanden hier 1.650 Quadratmeter Nutzfläche. Die ungewöhnliche Idee der Zweitnutzung ist nicht nur besonders nachhaltig, sie hat auch wirtschaftliche Effekte, denn sie ist günstiger als Mietcontainer und das bei einer qualitativ hochwertigen Ausführung und bei einer anspruchsvollen architektonischen Gestaltung. Hier seien Schulräume als Lebensräume im besten Sinne entstanden, so die Jury.

Übrigens ist es dieser Schulbau, dessen Bauholz rechnerisch im deutschen Wald innerhalb von 5 Minuten nachwächst.

Anerkennungen

Kellereizentrum Richard Wagner, Alzey
Architektur: GHBA Industrieplaner Architekten, Mainz
Bauherrin: Richard Wagner Kellereibedarf Gmbh & Co KG, Alzey

Das Unternehmen Richard Wagner Kellereibedarf, ein Fachhandel für Winzer, wurde 1959 als Familienunternehmen gegründet und ist seitdem kontinuierlich gewachsen. Den jüngsten dieser Wachstumsringe bildet der neue Holzrahmenbau. Sein kubisch-klarer Baukörper vereint Verkauf, Beratung und Showroom mit Büros und dem Lager unter einem Dach. Eigentlich ein "One-Box-Design", dessen Einschnitte – wie der zurückspringende Eingangsbereich an der Südostecke oder die große Fensteröffnung am Showroom – eine sparsam gesetzte, jedoch spannungsvolle Gliederung ergeben.

Die Jury würdigt, dass Bauherr und Architekten mit diesem technisch, wie gestalterisch anspruchsvollen Bau die Balance zwischen wirtschaftlicher Zweckmäßigkeit und architektonischer Aussage gefunden hätten.

Flüchtlingsunterkunft am Flughafen Hahn
Architektur: Holger Kappler Architekt, Gackenbach
Bauherr: Land Rheinland-Pfalz

Im Jahr 2015, als ein hoher Bedarf an schnell nutzbarem Wohnraum für Geflüchtete bestand, der kostengünstig und in extrem kurzer Bauzeit errichtet werden sollte, wurde dieses Gebäude – eine Erstaufnahmeeinrichtung mit 192 Betten – vom Land Rheinland-Pfalz als Pilotprojekt in Auftrag gegeben. In einem dreigeschossigen Gebäuderiegel, der als Zweibund mit zentraler Erschließung konzipiert ist, befinden sich 48 Zimmer. Die Grundrisse sind auf einem durchgängigen Konstruktionsraster aufgebaut, so dass ein hoher Wiederholungsgrad der vorgefertigten Elemente in Holztafelbauweise besteht.

Die Möglichkeit der Nachnutzung wurde auch hier gleich mitgedacht und inzwischen schon genutzt: Heute dient das Gebäude als Unterkunft für die nahegelegene Polizeischule.

Kleines Haus, Kaiserslautern-Hohenecken
Architektur: Architekturstudio Scheder, Kassel
Bauherr: Robert Kasigkeit, Brisbane

In einem Nebental im Kaiserslauterer Stadtteil Hohenecken steht das kleine Haus auf einem nicht einmal zehn Meter breiten Grundstück. Ein klassischer, vorfabrizierter Holzrahmenbau steht aufgeständert auf eingespannten Stahlstützen. Erst die durch den Holzrahmenbau vergleichsweise schlanke Außenwand von 25 cm macht es möglich, das Grundstück unter Einhaltung der Abstandsflächen und der Energieeinsparverordnung (EnEV) sinnvoll zu bebauen.

Der von den Grenzen her determinierte Baukörper ist nun dreieinhalb Meter breit, fast dreizehn Meter lang und am Giebel gut neun Meter hoch. Eine durchdachte Grundrissorganisation und gut gesetzte Öffnungen erzeugen auf weniger als 60 Quadratmetern Fläche Wohnqualität und Großzügigkeit. Eine mutige und zukunftsweisende Antwort auf die Frage, wie eine raumsparende, und zugleich räumlich attraktive Nachverdichtung im Bestand aussehen kann, so die Jury.

Kirchenpavillon "Himmelgrün" auf der Landesgartenschau 2015 in Landau
Architektur
: Bayer & Uhrig Architekten, Kaiserslautern
Bauherren: Evangelische Kirche der Pfalz und Bistum Speyer
Der zur einen Hälfte geöffnete und zur anderen Seite durch ein Spiel von Hölzern differenziert geschlossene ökumenische Kirchenpavillon bietet zugleich einen Raum für Introvertiertheit und Geborgenheit wie auch Ausstrahlung, Weitblick und Öffentlichkeit. Der elliptische Pavillon spannt sein Dach über einer Fläche von 6,50 mal 20,30 Metern. Über dem Altar gibt ein Opaion – ein Kuppelauge – den Blick zum Himmel frei. Sein ringförmiger Stahlrahmen ist nur an den Dachträgern aufgehängt. Das Tragsystem stellte durch die Überlagerung der Kräfte besondere Herausforderungen an die statischen Berechnungen.

Die Jury hob den experimentellen Ansatz und die anspruchsvoller Holzkonstruktion hervor, die einen atmosphärisch dichten und signifikanten Ort im Gartenschaupark bildet.

Lob
ende Erwähnung des Vorstandes des Landesbeirates Holz

Backshops "Brotzeit" an sechs Standorten
Architektur: Jarcke Architekten, Mannheim
Bauherrin: PFG GmbH Ludwigshafen (Bäckereikette Görtz).

Von den bislang neun realisierten Gebäuden einer Backshopkette wurden sechs in verschiedenen Städten und Dörfern errichtete Bauten zum Holzbaupreis eingereicht. Das Bemerkenswerte daran: Es handelt sich um immer neue, individuelle Entwürfe, die auf die Gegebenheiten des Ortes, den Städtebau, die Einfügung – kurzum die Situation – reagieren und jeweils mit örtlichen Betrieben umgesetzt wurden. Es entstand eine Perlenkette von einzigartigen Lösungen, die sich – so Jury und Auslober – wohltuend von der sonst üblichen Einheits-Filialarchitektur abheben. Dieses Gesamtkonzept erfährt mit der ‚Lobenden Erwähnung‘ eine Würdigung als Beitrag zu mehr (Holz-)Baukultur im Gewerbe außerhalb der übrigen Kategorien.

Termin

Dienstag, 12. Juni 2018

Zentrum Baukultur im Brückenturm | Rheinstraße 55 | 55116 Mainz

Veranstalter:

Zentrum Baukultur Rheinland-Pfalz

Kooperationspartner:

Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau

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