| Kastorviertel Koblenz

Jahresprojekt Masterstudiengang Architektur

Nach den Kriegszerstörungen und mit dem Wiederaufbau der 1950er Jahre verlor das Quartier Kastorviertel seinen kleinteiligen, städtischen Charakter. Wie kann dort ein lebendiges Stadt- und Wohnquartier geschaffen werden? Wie können wertvolle Gebäude- und Naturdenkmäler dabei integriert werden? Mit diesen Fragen beschäftigten sich Mainzer Studierende ein Jahr lang. Eine Ausstellung der Ergebnisse der Analysen und Planungen mit eindrucksvollen Modellen und wenigen Plänen wurde im Zentrum Baukultur am 13. September eröffnet.

Der „unverstellte Blick, die Freiheit konzeptionell zu denken, das seien die Qualitäten von studentischen Arbeiten, von denen der Berufsstand besonders profitiere“, lobte Edda Kurz, Vorstandsmitglied der Architektenkammer Rheinland-Pfalz, die Kooperation mit der Hochschule Mainz. „Noch viel mehr Besuch aus der Hochschule“, wünschte sie sich für das Zentrum Baukultur. Bei der Kritik an den Planungen aus den 1950er Jahren müsse man die Leitbilder der Zeit berücksichtigen. Die enormen Kriegszerstörungen nutzte man für einen radikalen Neuanfang ohne Orientierung am historischen Stadtgrundriss. Leitbildern waren „Die gegliederte und aufgelockerte Stadt“ mit viel Grün und mit nur wenigen Geschossen.

Stadtplaner Thilo Gries, heute im Stadtplanungsamt der Stadt Freiburg im Breisgau,  war zuvor 10 Jahre im Stadtplanungsamt der Stadt Koblenz im Bereich Stadtentwicklung tätig, begleitete die Masterarbeit der Studierenden. Anhand von historischen Fotos und Plänen zeigte er, dass das Kastorviertel bereits römische Siedlung war und das Moselufer über Jahrhunderte die Hauptschauseite der Stadt gewesen sei. Bei der Recherche sei er „verblüfft von der Radikalität der Überformung des Stadtviertels“ gewesen und es tue ihm weh, wie mit dem alten Stadtgrundriss umgegangen wurde. Die Wohnsiedlung sei für ihn nicht Stadt, bilde nur für die Menschen, die dort wohnten, einen Mehrwert. Joachim Rind, Sprecher der Kammergruppe Koblenz, hob in diesem Zusammenhang hervor, wie wichtig Masterpläne für die Stadtentwicklung seien. „Städtebau ist immer in der Diskussion“, so Rind. Um auch in Koblenz über das Kastorviertel zu diskutieren, soll die Ausstellung bald auch vor Ort gezeigt werden. PräsentationThilo Gries

Der Masterstudiengang Architektur „Integrierte Wohnungsbauentwicklung“ sei einer von nur 10 bundesweit, der sich mit dem Thema Wohnen beschäftige, führte Prof. Michael Spies aus. Damit sei die Hochschule im Vergleich gut aufgestellt. Nutzerorientiertes Entwerfen stehe im Vordergrund, umfassende Voranalysen und Recherchen seien für die Planungen notwendig. Das Kastorviertel in Koblenz sei ein „Leckerbissen für Planer“, besser als in unmittelbarer Nähe zum Deutschen Eck könne ein Quartier kaum sein. Umso bedauerlicher sei an dieser Stelle der Verlust an Urbanität. Die Siedlung sei ein räumlicher Solitär, der mit seiner reinen Wohnnutzung eine Barriere zwischen Altstadt, Deutschem Eck und Kastorkirche bilde. PräsentationProf. Michael Spies 

Die „frisch gebackenen“ Master of Science Pascal Agather, Katy Handorf, Tamara Bott und Hannah Löbermann präsentierten zum Abschluss des Abendprogramms stellvertretend für 17 Absolventen die Ergebnisse ihrer Planungen vor. Allen Arbeiten gemein waren die Wiederherstellung einer Sichtachse zur Kastorkirche, die Verdichtung – und zum Teil auch der Abbau – der Bebauung aus den 1950er Jahren, durchmischte Nutzungen mit Wohnen, Arbeiten, Gastronomie, Tourismus und Gewerbe. Die Vielfalt an verschiedenen Wohnungstypen für unterschiedliche Bewohnergruppen stellt ein lebendiges Viertel in Aussicht. Die Moselfront unter Berücksichtigung des Hochwasserrisikos aufzuwerten ist für die Studierenden und möglicherweise auch für die Stadt Koblenz ein wichtiges Ziel.

Die Ausstellung ist noch bis einschließlich 7. Oktober 2016 im Zentrum Baukultur zu sehen. (Öffnungszeiten: Mittwoch bis Freitag, 14:00 bis 18:00 Uhr).

Einladungsflyer

Termin

Dienstag, 13. September 2016

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